VfL Wolfsburg
Wir erinnern uns ans Jahr 2009: Deutscher Meister wurde der VfL Wolfsburg. Das hatte man sich lange gar nicht vorstellen können, weil es der Stadt an der wichtigsten Voraussetzung fehlte: Sie hatte keinen Rathausbalkon. Für die Feier wurde dann eben eine Bühne aufgebaut. Und die Mannschaft auf Autos vom Sponsor und Besitzer VW hingefahren. Die Namen, die mit dem Erfolg verbunden waren: Trainer Felix Magath, die Stürmer Edin Dzeko und Grafite (dessen Name jeder anders aussprach), im Mittelfeld Zvejdan Misimovic und Christian Gentner. Marcel Schäfer, einer der Außenverteidiger, ist sogar noch immer im Verein, wenn auch nicht mehr als Spieler. Der Meisterkader zerbrach aber schnell, Magath ging auf dem Höhepunkt des Titelgewinns.
Der VfL 2021 spielt ein bisschen ähnlich mit seinen langen Bällen und der klaren personellen Struktur (beim 3:0 in Bielefeld zum sechsten Mal identische Startaufstellung). Trainer Oliver Glasner schillert nicht so bunt wie Magath, der in Wolfsburg zu Trainingszwecken eine Hügellandschaft hatte errichten lassen (Mount Magath) und vor Heimspielen die Mannschaft immer ins Kino befahl („am liebsten einen Liebesfilm“), doch hat fraglos tolle Arbeit geleistet in seinen nun eineinhalb Jahren. Aktueller Lauf: Sieben Spiele ohne Gegentor. Und vorne löst der VfL sich aus der Abhängigkeit von Zielstürmer Wout Weghorst. Es kommen eben auch andere in Mittelstürmerposition, wie in Bielefeld der Schweizer Renato Steffen, der zwei Treffer erzielte. Oder kürzlich in Augsburg der eigentlich auf dem rechten Flügel flitzende Ridle Baku. Und Weghorst bereitet vor und gönnt den Kollegen die Erfolge.
Mönchengladbach
Max Eberl hielt unter der Woche eine große Rede, in der er seinen Trainer Marco Rose verteidigte: Normaler Vorgang, dass der sich beruflich neu orientiere, weder ein vertraglicher noch ein moralischer Verstoß. Sportchef Eberl lehnt sich weit aus dem Fenster – auch am Samstag, als er einen Bericht der Zeitung „Rheinische Post“, wonach Rose sich nicht erst kürzlich mit Borussia Dortmund einig geworden sei, so kommentierte: „Alles Lüge.“
Doch der Druck, womöglich zu handeln, steigt. Die Fans empören sich. Ihre Stimme zählt bei der Borussia, sie ist ein demokratischer Verein. Das weiß, wer ein wenig von den jährlichen Sommertrainingslagern der Gladbacher am Tegernsee miterlebt hat. Sportlich ist die Situation zunehmend unbefriedigend: Die Offensive hat dank Lars Stindl und Jonas Hofmann gute Szenen, doch der im Vorjahr überragende Block mit Alassane Plea, Marcus Thuram und Breel Embolo bleibt – ein jeder mit anderer Problemlage – hinter den Erwartungen zurück. Das internationale Geschäft zu verpassen, würde die Borussia zurückwerfen. Das 1:2 gegen Mainz war die zweite vermeidbare Heimniederlage.
Mainz
Bo Svensson, der neue Trainer des FSV Mainz 05, hat eine Wohnung gemietet, die Marco Rose gehört – dem Trainer von Mönchengladbach. 2:1 gewann Svensson gegen Rose, muss aber eine fiese Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht fürchten, denn Marco Rose zieht ja nach Dortmund. Doch vielleicht begegnet ihm Svensson auch kommende Saison als Erstligatrainer. Er hat eingeschlagen in Mainz: Zehn Punkte an den ersten fünf Rückrunden-Spieltagen erreichte der FSV zuletzt vor sieben Jahren – mehr waren es nur 2006/07 unter Jürgen Klopp (13). Und: Svensson hat Glück. Zweimal zahlten sich seine Einwechslungen aus. Spezialist: Kevin Stöger. Er ergatterte in der Nachspielzeit einen Punkt in Leverkusen und sicherte nun den Sieg in Mönchengladbach.
Aus dem Vorsatz, „den geilsten Abstiegskampf zu machen“ (Sportdirektor Martin Schmidt) ist mehr geworden. Nächstes Ziel: unbekümmert bleiben. Und auf dem Boden. GÜNTER KLEIN