Unterhachinger Krise

Riskanter Treueschwur

von Redaktion

LUDWIG KRAMMER

Keine zwei Wochen ist es her, dass eine halbe Hundertschaft Hachinger Fans ihrer Mannschaft Mut zusprach für das anstehende Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken. Mit behördlicher Genehmigung knüpften die Anhänger Transparente an den Zaun des Trainingsgeländes, Aufschrift: „Kämpfen für die Vorstadt. Wir stehen hinter euch!“ Ein bemerkenswertes Kontrastprogramm zu den gewaltbereiten Irrsinnigen, die den desolaten FC Schalke am Wochenende heimsuchten. Allerdings: Eine komplette Entkopplung vom Reiz-Reaktions-Schema funktioniert selbst im Idyll der Vorstadt nicht.

Zwei Niederlagen nach der Transparent-Aktion gingen gestern eine Reihe von Hachinger Fanklubs auf die Barrikaden. Sie fordern von Präsident Manfred Schwabl den Griff zur Notbremse, die Beurlaubung von Trainer Arie van Lent, der nach neun Niederlagen aus zehn Punktspielen des Jahres 2021 bei jedem anderen Klub längst verabschiedet wäre, zumal auch das Argument der früheren Verdienste flachfällt.

Dass das Präsidium am früheren Bundesliga-Stürmer festhält, kann neben finanziellen Zwängen nur daran liegen, dass der Kader ohne verletzte Stammkräfte wie Dominik Stahl und den (ohne öffentliche Begründung) aussortierten Sascha Bigalke tatsächlich nicht konkurrenzfähig ist. Schwabl hatte dies im jüngsten Interview mit unserer Zeitung mehr als nur angedeutet, indem er Versäumnisse bei der Aufforstung des Angriffs einräumte („Das muss ich mir an vorderster Front schon selber vorwerfen“). Ein riskanter Treueschwur, bei dem die Vertrauensfrage mitschwingt; schließlich gilt Schwabl als Vater des Hachinger Börsenvereins.

Der Kursverlauf kennt seit einem positiven Ausreißer im Juni 2020 nur noch eine Richtung, notiert aktuell bei knapp über vier Euro, rund 50 Prozent unter dem Ausgabekurs vom August 2019. Es fehlt der Aktie an Fantasie, würde man im Börsenjargon sagen und von einem Einstieg mit Verweis aufs fallende Messer dringend abraten. Bleibt für Schwabl und alle, die es gut mit Haching meinen, nur zu hoffen, dass die Bodenbildung nicht erst in der Regionalliga Form annehmen wird.

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