Berlin – Thomas Bach überlässt nichts dem Zufall. Seine Wiederwahl als IOC-Präsident gilt auf der 137. Session am Mittwoch als sicher. Der 67 Jahre alte Anwalt hat seine Hausmacht im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in den letzten gut sieben Jahren seiner Amtszeit weiter ausgebaut. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht, das kommt bei den Athleten nicht gut an.
Es wäre „wünschenswert, wenn mehrere Kandidaten mit verschiedenen Wahlprogrammen und verschiedenen Ideen miteinander konkurrieren würden“, sagt Präsident Max Hartung vom Verein Athleten Deutschland zum Solo des ersten deutschen IOC-Präsidenten. Der Säbel-Fechter hätte sich auch gewünscht, dass die Athleten bei der Wahl „mehr Stimmrecht“ erhalten hätten.
Die Kritik zeigt: Die Athleten nehmen längst nicht mehr alles hin, was das IOC beschließt. Es gehört zu den prägenden Entwicklungen in Bachs Regentschaft seit September 2013, dass sich Sportler vom IOC abwenden. Sie fühlen sich durch die Athletensprecher des IOC nicht mehr vertreten, gründen weltweit eigene Organisationen.
Bach sucht zwar den Kontakt zu den Sportlern, kann aber oft Vorbehalte nicht ausräumen. „Ich war überrascht wie nah und trotzdem unnahbar Thomas Bach ist. Ein Politiker eben“, sagt Johannes Vetter.
Der Speerwurf-Weltmeister von 2017 interessiert sich für Sportpolitik, hatte mit Bach im vergangenen Herbst bei einem Video-Livechat auf Instagram zu tun. „Ob ich verschiedene Sachen anders entschieden hätte, weiß ich nicht“, sagt Vetter über Bachs Job: „Ich würde garantiert nicht tauschen wollen.“
Was Bach ebenfalls oft vorgeworfen wird, sind fehlende Bekenntnisse zu wichtigen politischen Fragen und zu großes taktisches Kalkül. Bach habe jahrzehntelang gezielt auf die Präsidentschaft im IOC hingearbeitet, meint Dagmar Freitag. „Um dort hinzukommen und vor allem auch zu bleiben, sind allzu kritische Standpunkte nicht hilfreich“, erklärt die Vorsitzende des Sportausschuss im Deutschen Bundestag.
Das ist besonders im Fall Russland deutlich geworden. Das Riesenreich führte bei den Winterspielen 2014 in Sotschi mit hemmungslosen Doping-Machenschaften auch das IOC vor, am Ende vermied Bach ein hartes Durchgreifen. Wenn es darum gehe, „klar Position zu beziehen, bleibt er blass“, sagt Freitag über den achten IOC-Präsidenten.
Wenigstens positionierte sich das IOC in Sachen Belarus. Es erklärte, dass es die Wahl von Wiktor Lukaschenko zum neuen NOK-Präsidenten nicht akzeptieren werde.
Belarus hatte vergangene Woche erklärt, dass Wiktor Lukaschenko seinen Vater, den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, an der Spitze des NOKs abgelöst habe. Der 66 Jahre alte Lukaschenko stand dem NOK seit 1997 vor. Sohn Wiktor darf genauso wenig wie Dmitry Baskow, neues Mitglied der NOK-Exekutive, an Veranstaltungen des IOC teilnehmen.
Das IOC machte Belarus zum Vorwurf, dass die „frühere Führung die Athleten nicht angemessen vor politischer Diskriminierung“ geschützt habe. Zwar habe das NOK seine Statuten bis zur letzten Präsidiumssitzung am 26. Februar aktualisiert, doch beim Schutz der Athleten nicht genügend nachgebessert. Desweiteren kündigte das IOC an, die gegen Belarus bereits Anfang Dezember ergriffenen Maßnahmen aufrecht zu erhalten. sid