München – Wahrscheinlich war es zur Abwechslung ja mal ganz gut, dass die Basketballer des FC Bayern am Dienstag gegen Bonn selbst auf dem Feld gefragt waren. Euroleague-Fernsehen wäre vermutlich nicht unbedingt fürs Gemüt gewesen. Zumindest Andrea Trinchieri holte die Sache ja nach und schaute sich an, wie Anadolu Efes Istanbul Maccabi Tel Aviv in dessen eigener Halle mit 90:66 zerlegte. Und auch der Italiener zuckte danach mit Blick auf das heutige eigene Duell mit den Männern vom Bosporus mit den Schultern. „Eigentlich weißt du nicht, wie du gegen sie spielen sollst“, sagte er, „weil sie in allen Bereichen einfach die Besten sind. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass sie nicht Europameister werden.“
Sicher, es hat ein bisschen gedauert, bis das dominierende Team der alten auch zum dominierenden Team der neuen Saison wurde. Doch seit dem Jahreswechsel hat Anadolu Efes alle Probleme abgeschüttelt. Lokalrivale Fenerbahce etwa wurde mit 32 Punkten Differenz abgefrühstückt, Titelverteidiger ZSKA Moskau kam mit 30 davon – was immer der Auswahl des früheren türkischen Nationaltrainers Ergin Ataman in den Weg kam, wurde kurz und klein geschlagen.
Womit sich der Aufwand von Tuncay Özilhan also ausgezahlt zu haben scheint. Der Multimillionär, Clubpräsident und Chef der Anadolu-Gruppe hatte alles drangesetzt, um das Ensemble zusammenzuhalten, das im Frühjahr 2020 vom Virus aus dem Traum vom Euroleague-Sieg gerissen wurde. Also auch das vernichtend gute Spielmacher-Duo mit Ex-NBA-Profi Shane Larkin und dem früheren Bayern Vasile Micic. Keine schlechte Idee, wie auch Trinchieri findet: „Man merkt: Sie spielen mit einer Mission.“ Nachholen, was mit dem Abbruch der Vorsaison genommen wurde.
Aber wer weiß, auch die Bayern haben in dieser Saison schon des Öfteren bewiesen, dass auch sie bestens als Team funktionieren. Mit dem serbischen Dauerkämpfer Vladimir Lucic, Spielmacher Wade Baldwin oder auch Center Jalen Reynolds hat man die nötigen Anführer, die der Bayern-Trainer am Dienstag sicherlich nicht ohne Grund schonte. Vor allem über die Harmonie zwischen Baldwin und Lucic ist Trinchieri hocherfreut: „So etwas kannst du nicht beeinflussen“, sagte er, „entweder es macht klick, oder eben nicht.“
Es hat klick gemacht und dass das so ist, ist sicherlich ein wichtiger Grund dafür, dass die Bayern auf der Zielgeraden der Euroleague-Hauptrunde noch immer beste Karten haben, als erste deutsche Mannschaft in die Playoffs der Königsklasse einzuziehen. Einen Sieg, so hat sich Trinchieri ausgerechnet, wird man wohl noch brauchen.
Ob man den gerade heute einfahren kann? „Wir werden es zumindest versuchen und unser Bestes geben. Auch wenn unser Bestes vielleicht nicht reicht. Es ist eine Herausforderung“, sagte der Bayern-Trainer, „wir wollen zumindest zwei, drei harte Treffer landen.“ Überbordender Optimismus klingt anders.