Ausrufezeichen in Unterzahl

von Redaktion

Dezimierte Bayern zerlegen Stuttgart mit 4:0 – ein Signal für das Leipzig-Spiel

VON JOSÉ CARLOS MENZEL LÓPEZ

München – Was sich in eineinhalb Jahren alles ändern kann! So manchem Fan des FC Bayern dürfte am Samstag jener düstere Novemberabend im Jahr 2019 in Frankfurt in den Sinn gekommen sein, als die Münchner – genauso wie diesmal gegen Stuttgart – einen frühen Platzverweis hinnehmen mussten. Damals flog Jerome Boateng nach einer Notbremse gegen Goncalo Paciencia vom Platz, die dezimierten Bayern gingen letztlich mit 1:5 baden – und ein gewisser Niko Kovac wurde im Anschluss an die Partie beurlaubt.

Rund 16 Monate später ist besagte Mannschaft nach einer Saison mit sechs Titeln das Maß aller Dinge im Weltfußball – und lässt sich auch von frühen Platzverweisen nicht aus der Erfolsspur bringen.

Kaum hatte der Unparteiische Daniel Schlager am Samstag Alphonso Davies wegen eines rüden Fouls an Wataru Endo vom Platz geschickt, drehten die Münchner auf und fegten den VfB in Unterzahl mit 4:0 vom Feld. Ganz nach dem Motto: Zehn Freunde müsst ihr sein!

Dabei hatte es bis zu besagter Roten Karte für den jungen Kanadier danach ausgesehen, als würden sich die Bayern die Zähne an den Schwaben ausbeißen. Immer wieder kombinierten sich die Schützlinge von Trainer Pellegrino Matarazzo gegen passive Bayern vor Manuel Neuers Gehäuse. Doch kaum hatte Davies den Gang in die Kabine angetreten, fühlte sich die Mannschaft von Cheftrainer Hansi Flick offenbar so gereizt, dass sie den VfB in Unterzahl in gut 20 Minuten filetierte. Robert Lewandowski und Serge Gnabry stellten binnen sechs (!) Minuten auf 3:0, kurz vor der Pause machte der Pole seinen Dreierpack schließlich perfekt – und die zweiten 45 Minuten damit eigentlich überflüssig. Der ausgelassene Jubel auf der Bayern-Bank nach jedem Treffer – auch Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic klatschten sich ab – machte deutlich, dass es sich um einen Prestigesieg handelte. Um eine erneute Demonstration der Stärke, mit der man Verfolger Leipzig wieder auf vier Punkte distanziert hatte. Um ein Ausrufezeichen.

„Wir sind erst nach der Roten Karte aufgewacht. Es war eine Herausforderung für uns, mit zehn Spielern Torchancen zu kreieren“, erklärte Lewandowski hinterher – er liebt bekanntlich Herausforderungen dieser Art.

Trainer Flick selbst kam angesichts der erneuten Topleistung seiner Truppe wie die meisten TV-Zuschauer nicht mehr aus dem Staunen heraus. „Ich muss meiner Mannschaft ein riesiges Kompliment machen“, sagte er bei der Pressekonferenz. „Nach dem berechtigten Platzverweis haben wir in der Defensive die Räume eng gemacht und in Ballbesitz gut agiert. Die Tore waren herausragend herausgespielt.“

Und jetzt? Ist erst einmal zwei Wochen Stillstand angesagt. Die Nationalspieler gehen geschlossen auf Länderspielreise, was angesichts der aktuellen Dynamik des Rekordmeisters (sechs Siege in Folge) zur Unzeit kommt. Zumal unmittelbar nach der internationalen Zäsur der entscheidende Ligagipfel bei RB Leipzig ansteht. „Wir haben jetzt erst mal die Pause bei der Nationalmannschaft“, erklärte Serge Gnabry. „Danach freuen wir uns auf das Spiel gegen Leipzig. Das Spiel heute gibt uns sehr viel Selbstvertrauen.“ Und wer diese Bayern kennt, dürfte mittlerweile wissen, dass sie sich auch nicht von Länderspielpausen aufhalten lassen.

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