Ohne Hoffnung und ohne Rangnick

von Redaktion

Indiskretionen und Chaos: Schalkes Wunschkandidat als Sportvorstand sagt entsetzt ab

Gelsenkirchen – Die Spieler überfordert, der Club zerstritten: Die Absage von Hoffnungsträger Ralf Rangnick stürzt den Tabellenletzten FC Schalke 04 noch tiefer in die Krise. Der fast sichere Weg in die 2. Liga wird begleitet von Eitelkeiten, Vorwürfen und Indiskretionen. „Wir würden da in einen Krieg hineingezogen“, heißt es aus Rangnicks Umfeld zu den Hintergründen seiner für Schalke folgenschweren Absage.

Der frühere S04-Trainer sollte als Sportvorstand zurückkehren. Am vergangenen Donnerstag hatte es dazu ein erstes Verhandlungsgespräch mit der Spitze des Schalker Aufsichtsrates und Rangnicks Berater Marc Kosicke gegeben. Nach Darstellung von Schalkes Aufsichtsratsboss Jens Buchta habe dieses Treffen „in ausgesprochen positiver Atmosphäre“ stattgefunden. Heute sollte es ein weiteres Gespräch geben.

Dazu wird es nicht kommen. Wenige Stunden vor dem 0:3 (0:1) der Königsblauen am Samstagabend gegen Borussia Mönchengladbach sagte Rangnick den Königsblauen öffentlich ab. „Leider sehe ich mich aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten innerhalb des Vereins derzeit nicht in der Lage, die sportliche Verantwortung bei S04 zu übernehmen“, teilte Rangnick mit.

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) erfuhr, zeigte sich die Rangnick-Seite entsetzt über die Zustände und die Indiskretionen beim sportlich und finanziell schwer angeschlagenen einstigen Branchenriesen. „Es kann nicht sein, dass halb Schalke von den Gesprächen weiß“, hieß es in Bezug auf begleitende Medienberichte, obwohl Kosicke selbst in der vergangenen Woche in einem Sport1-Interview über Rangnicks große Zuneigung zu Schalke berichtet hatte. Dabei hatte sich Kosicke aber selbst noch sehr zurückhaltend zu einem möglichen Engagement Rangnicks in Gelsenkirchen geäußert.

Als Adressat der Vorwürfe war neben dem Aufsichtsrat ausdrücklich auch die Pro-Rangnick-Gruppe gemeint, die sich aus Vertretern aus Wirtschaft und Politik gebildet hatte. Dieser Gruppe gehört unter anderem auch der frühere Schalker Profi Ingo Anderbrügge an. „Es ist totaler Quatsch, dass wir Gegner von Schalke sind“, sagte Medienunternehmer Jörg Grabosch bei Sky. „Wir versuchen alle, dem Verein zu helfen, Strukturen zu finden“, sagte er weiter. „Ein Gegeneinander macht keinen Sinn, es gibt genug Probleme.“ Trotzdem stichelte Grabosch: „Dem Aufsichtsrat war es vorher ja nicht möglich, mit Ralf Rangnick Kontakt aufzunehmen, da hat die Gruppe ein bisschen geholfen.“

Nun könnten die gegenseitigen Vorwürfe von Aufsichtsrat und der Pro-Rangnick-Gruppe in eine kontraproduktive Schlammschlacht ausarten. Gestern trat in Stefan Gesenhues bereits ein Aufsichtsrat zurück. Die Bewegung „Tradition und Zukunft“ kündigte derweil an, weiter aktiv zu bleiben. Einige Mitglieder der Gruppe wollen auch am 13. Juni bei den Wahlen zum Kontrollgremium antreten.

Laut Buchta hätte aber schon das öffentliche Auftreten der Gruppe mit der Forderung nach Rangnick Schalke „in keinster Weise geholfen“. Buchta ließ durchblicken, dass Schalke ohne die Aktion womöglich längst einen Nachfolger für den geschassten Jochen Schneider hätte. „Wir hatten zwei Kandidaten in der ganzen engen Auswahl und waren sehr weit“, sagte der 57-Jährige. Diese Gespräche sind nun hinfällig.  dpa

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