Düsseldorf – Geduld war bei Joachim Löw und seinen Spielern während der ersten beiden Tage des DFB-Lehrgangs in Düsseldorf gefragt. Nach der Anreise am Montag dauerte es fast 30 Stunden, ehe der Bundestrainer seine Spieler zur ersten Trainingseinheit gestern Nachmittag versammeln konnte. Tags zuvor hielt Löw die erste Teamansprache, nach seiner Rücktrittsankündigung.
Bei den Spielern hat der scheidende Trainer durch diese Rede sämtliche Lame-Duck-Befürchtungen im Keim erstickt, wie Kapitän Manuel Neuer beteuerte. „Da kann ich sofort widersprechen“, sagte er und gab einen Einblick in die Teamansprache: „Man hat gemerkt, dass er sehr motiviert und ehrgeizig ist. Er will unbedingt, es ist für ihn sehr wichtig, wie er aufhört. Das ist ein gutes Zeichen für den Sommer.“
Darum hat sich Löw auch einen Drei-Punkte-Plan für seine Abschiedstournee zurecht gelegt, die mit dem EM-Qualifikationsspiel am Donnerstag (20.45 Uhr, RTL) gegen Island startet.
So möchte der Bundestrainer Fußball-Deutschland endlich wieder mit sehenswerten Fußball von er Nationalmannschaft überzeugen. „Wir wollen mit einem Ausrufezeichen in das EM-Jahr starten und unseren Fans wieder Freude machen“, gibt der Bundestrainer die Marschrichtung vor. Das ist auch bitter nötig, wenn man bedenkt, dass der letzte Eindruck der DFB-Elf die 0:6-Pleite gegen Spanien im November war.
Auch wegen dieser bitteren Niederlage hat Löw den knallharten Konkurrenzkampf ausgerufen. Vorbei sind die Zeiten, als er verdienten Spielern aus alter Verbundenheit die Stange hielt. Das hat jetzt Julian Draxler zu spüren bekommen, der mit Löw immerhin 2014 Weltmeister wurde und 2017 als Kapitän den Confederations Cup gewann. Für die anstehenden Länderspiele ist er nicht nominiert, seine EM-Chance äußerst gering. „Man kann das als Zeichen interpretieren, dass man mit ihrer Entwicklung nicht zufrieden ist. Der Trainer hat nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen zur Verfügung“, sprach DFB-Direktor Oliver Bierhoff über Draxler am Montag Klartext. Anders formuliert: Es sollen keine wertvollen Kaderplätze verschwendet werden, weil sich das Team im Hinblick auf die EM einspielen und Löw die richtige Formation finden muss.
Dieses Vorgehen begrüßt übrigens auch Kapitän Neuer: „Ich denke nicht, dass nur die Vorbereitung unmittelbar vor dem Turnier reicht. Wir werden jetzt jede Einheit und jedes Spiel so angehen, dass es uns hilft. Wir müssen viel da rausziehen und positive Ergebnisse herausziehen. Da gibt es keine Ausreden.“