„Fast alle wussten Bescheid . . .“

von Redaktion

Reaktion auf Hopp-Eklat war laut ZDF-Reporter Breyer inszeniert

Köln – Die Bilder sind über ein Jahr danach noch allgegenwärtig. Karl-Heinz Rummenigge und Dietmar Hopp stehen im Regen von Sinsheim, umringt von Bayern- und Hoffenheim-Spielern haben sie Stellung bezogen vor der Kurve der Heimfans. Die Akteure klatschen, sie wollen ein Zeichen setzen – gegen Beleidigungen im Fußball, speziell gegen derbe Schmäh-Plakate einiger Bayern-Fans an die Adresse des Hoffenheimer Mäzens Hopp. War all das inszeniert? Diesen Verdacht hat die ZDF-Dokumentation „Der Prozess. Wie Dietmar Hopp zur Hassfigur der Ultras wurde“ ans Licht befördert. Ganz offenbar wussten nahezu alle Parteien bereits im Vorfeld des Bayern-Spiels in Hoffenheim am 29. Februar 2020, was passieren würde. Uli Hoeneß war zwei Tage zuvor Gast bei einer Südkurven-Feier zum 120. Geburtstag des Klubs. Dort trugen Fans der Ultragruppierung Schickeria an ihn heran, was in Sinsheim geplant sei. Der Ehrenpräsident räumt auch ein, dass Hopp und beide Klubs informiert gewesen seien.

Zudem hatte der DFB Schiedsrichter Christian Dingert sensibilisiert. Als Bayern-Fans die Hassplakate gegen Hopp zeigten, unterbrach Dingert die Partie erst, dann schickte er die Teams für fünf Minuten in die Katakomben. Anschließend spielten Hoffenheimer und Münchner sich den Ball am Mittelkreis zu, beim Stand von 6:0 – ein Nichtangriffspakt. Vermeintlich eine tolle Geste. „Dass die Reaktionen der Verantwortlichen offenbar auch geplant waren und dass dabei an der einen oder anderen Stelle überzogen wurde, das veränderte meinen Blick auf diesen Tag und diesen Konflikt“, erklärt Jochen Breyer.

Hoeneß will das nicht als Argument gelten lassen. Er sagt: „Das Schauspiel haben die Fans gemacht, nicht der FC Bayern. Jetzt den Spieß umzudrehen und den schwarzen Peter Karl-Heinz Rummenigge oder Dietmar Hopp zuzuschieben, ist pervers.“ Der langjährige FCB-Präsident zu Breyer: „Ihr versucht, beide Seiten zu verstehen, aber hier gibt’s nichts zu verstehen.“ Dabei war Breyer besonders bemüht, beide Seiten zu beleuchten. Denn: Kurz nach den Ereignissen von Sinsheim hatte Hopp im ZDF-Sportstudio in einem Interview gegen die Fans schießen dürfen, ohne sich kritischen Nachfragen von Moderator Breyer stellen zu müssen. Der entschuldigte sich später. Ein Geschmäckle aber blieb, weil er im Januar 2020 den Neujahrsempfang der TSG Hoffenheim moderiert hatte.

Und zu guter Letzt liefert die Doku noch eine Verwerfung aus dem DFB: Im Februar 2020 hatten Fans bundesweit Hassplakate gegen Hopp gezeigt – eine Art Solidaritätsbekundung mit BVB-Anhängern. Die waren kurz zuvor wegen Schmähungen gegen Hopp für zwei Jahre von Spielen in Sinsheim ausgeschlossen worden. Solche Kollektivstrafen hatte der DFB unter Präsident Reinhard Grindel ausgesetzt, um in einen Fan-Dialog zu treten. Vizepräsident Rainer Koch war strikt gegen dieses Vorgehen gewesen. Diese Uneinigkeit, so Grindel, habe das Verhältnis zu Koch „fast zerstört“. JONAS AUSTERMANN

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