Neue deutsche Ernsthaftigkeit

von Redaktion

Solider 1:0-Sieg in Rumänien, beim Hauptgegner in der WM-Qualifikation

VON GÜNTER KLEIN

Bukarest/München – Kurz trieb Bundestrainer Joachim Löw sein altes Spiel mit der Lässigkeit, saß auf der Bande und ließ die Beine baumeln. Doch schnell hatte er wieder Boden unter den Füßen und den weißen Sneakern. Es ist neue deutsche Ernsthaftigkeit angesagt: Keine Experimente, es geht um Ergebnisse. Löw coachte engagiert und bot seine gegen Island erfolgreiche Elf auch am Sonntag in Bukarest auf und wechselte erst in der Schlussphase. Ergebnis der personellen Konstanz: Eine Partie ohne Gegentor, der zweite Sieg im zweiten WM-Qualifikationsspiel: 1:0 gegen Rumänien. Das Tor erzielte Serge Gnabry.

Vor Rumänien hat man einen gewissen Grundrespekt: Alle paar Jahre taucht eine turniertaugliche Mannschaft in ihrem markanten Gelb auf, spielt sich gelegentlich über die Gruppenphase hinaus. Und in den 1990er-Jahren schuf Rumänien sogar einen Weltstar: Gheorghe Hagi. Ein Hagi war auch gestern Abend dabei: Mittlerweile die nächste Generation, Ianis Hagi, 22 Jahre alt, unter Vertrag bei den Glasgow Rangers. Keine Frage: Als Weltranglisten-37. hat Rumänien als Hauptgegner der Deutschen in ihrer Gruppe zu gelten.

Erwartet hatte Joachim Löw den Kontrahenten „absolut anders als Island. Das ist eine Mannschaft, in der jeder einzelne den Ball möchte, in den Abständen sind sie aber nicht so gut organisiert.“ Das mit der Gier nach dem Ball wurde aber nicht sichtbar, früh erspielte sich die deutsche Elf eine Feldüberlegenheit, zur Halbzeit stand sie bei 73 Prozent. Nach Toren war es nicht so klar. Aber immerhin: Mit einem 1:0 für die DFB-Vertretung ging es in die Kabinen der Bukarester Arena, die zwar, wie in diesen Zeiten üblich, leer war, aber mit ihrem bunten Mix aus Sitzschalen wenigstens keinen kahlen Eindruck machte.

So flott wie am Donnerstag mit der 2:0-Führung nach zwei Angriffszügen ging es diesmal nicht. Aber ein frühes Tor war der deutschen Mannschaft schon beschieden. In der 16. Minute traf Serge Gnabry zum 1:0. Klug war das Zuspiel von Kai Havertz, der sich im exakt besten Moment an der Abwehrkette Rumäniens vorbeigeschlichen hatte und zur Mitte passte, in der Gnabry herbeigestürmt kam. Abseits? Hätte man meinen können, doch die Bilder bestätigten: Alle korrekt. Havertz hatte zuvor die klarste Chance gehabt, war aber am rumänischen Torhüter Nita gescheitert. Überhaupt Florin Nita, der im Vereinsleben für Sparta Prag hält: Vor allem mit ihm mussten sich die deutschen Angreifer auseinandersetzen.

Rumänien fokussierte sich beim frühen Anlaufen auf die deutsche Schaltzentrale Joshua Kimmich. Doch die Spezialbehandlung brachte dem Gastgeber keinen nennenswerten Vorteil, Kimmich hatte mit einem strammen 25-Meter-Knaller an die Latte sogar die Chance zum zweiten deutschen Treffer.

Der Bundestrainer hatte von seiner Mannschaft eine über 90 Minuten konstante Leistung eingefordert. Allerdings waren die ersten 45 zwar solide, aber nicht überbordend kreativ. Eine Steigerung war also möglich – und die lieferte die Elf in Sachen Chancen. Da wurden einige herausgespielt. Serge Gnabry setzte in der 58. Minute zu einem mutigen Tempodribbling an, seinen Schuss drehte Florin Nita aber noch um den Pfosten. Als nächster vergab Ilkay Gündogan, dann Leroy Sané, für den Gnabry vorgearbeitet hatte. Gut, dass man in der Defensive wenig zuließ – bis auf die letzten fünf Minuten für Puscas und Stanciu. Aber Torwart Manuel Neuer hatte was anzumerken: „Wir müssen früher den Deckel draufmachen, damit wir Ruhe haben. Es fehlt noch die Cleverness, der letzte Wille.“ Löw konstatierte: „Wir hätten es uns leichter machen können.“

Was noch zu erwähnen wäre: Die deutsche Mannschaft strickte ihre „Human Rights“-Kampagne fort. Diesmal trug sie fürs Gruppenbild vor dem Anpfiff die Rückennummern auf der Vorderseite der Trikots – das sollte an die in den Artikeln 1 bis 30 zusammengefassten Menschenrechte erinnern.

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