München – Immerhin hat Danilo Barthel den Überblick noch nicht verloren. Dabei ist das ist nicht ganz einfach in diesen Basketball-Tagen. Am Freitag musste der Nationalspieler mit Fenerbahce Istanbul bei Olympiakos Piräus ran, am Sonntag ging es nach Afyon in die türkische Provinz. Und nun also mal wieder München. Heute Abend (21.00 Uhr/Magentasport) führt der Euroleague-Spielplan Barthel und Kollegen zu seinem Ex-Club FC Bayern.
Es ist so etwas wie ein erstes Endspiel am drittletzten Hauptrundenspieltag der Euroleague. Der Sieger des Duells hat die Playoff-Teilnahme wohl sicher. Barthel stellt sich dementsprechend auf ein Spiel der Schmerzen ein. „Es wird mit Sicherheit extrem intensiv und eng, viel Auf und Ab“, sagte er. So wie im Hinspiel eben, das Fenerbahce 71:75 verlor.
Viel hätte Barthel wohl nicht auf ein Wiedersehen unter diesen Vorzeichen gegeben, als er im vergangenen Sommer nach einer schrecklichen vierten Saison in München an den Bosporus weiterzog. „Ich war mir sicher, dass Bayern sich steigern wird“, sagte er, „aber da sind Neuzugänge voll eingeschlagen. Das Selbstbewusstsein tut jetzt ein Übriges. Diese Entwicklung ist enorm.“
Und viel hätte ja nicht gefehlt und Fenerbahce, der Euroleague-Champion von 2017, hätte den Trip in den Audi Dome sogar als Underdog antreten müssen. Wie die Bayern hatte sich auch Fenerbahce umstrukturiert. Der einst auch in München umworbene Igor Kokoskov trat die Nachfolge von Trainerstar Zeljko Obradovic an, und er bastelte ein neues Team. Was weit weniger gut funktionierte als in München, man schlingerte durch die Euroleague-Vorrunde. So etwas kommt nicht gut an bei einem Verein mit diesen Ansprüchen. „Da bist du als Importspieler eigentlich ganz froh, dass du keine Zeitungen lesen kannst“, sagte Barthel.
Natürlich kaufte auch Fenerbahce ein. Das Spielzeug des Unternehmers Ali Koc – Spross der reichsten Familie der Türkei – holte unter anderem den NBA-gestählten Center Kyle O‘Quinn an Bord. Der Kader wurde tiefer und besser. Vor allem aber hat es irgendwann „klick gemacht“, wie Barthel beobachtet hat.
Wobei die Pandemie den Deutschen ausgerechnet dann aus dem Unternehmen schubste, als der Club zur Aufholjagd ansetzte. Anfang Januar wachte er eines Tages mit heftigen Kopfschmerzen auf. „Ich habe gleich den Arzt angeschrieben, dass es mir nicht gut geht“, sagte er, „aber eigentlich war es schon klar.“ Der 29-Jährige war an Covid-19 erkrankt. Und auch wenn er glimpflich davonkam – mit Quarantäne und dem folgenden Aufbautraining war er einen Monat lang außen vor. Alleine in der Fremde zu sein, machte die Sache nicht unbedingt leichter. Und auch wenn er bei Kokoskov längst wieder eine feste Größe ist, so ganz sieht er sich bis heute noch nicht wieder in alter Form.
Aber es ist die Mannschaft, die nun funktioniert. 14 der letzten 16 Partien hat Fenerbahce gewonnen. Einzig das 74:106 gegen Lokalrivale Anadolu schmerzte. „Da ist bei uns gar nichts gefallen und bei ihnen alles“, erklärte er, „aber man wird sich noch öfter wieder sehen.“
Zuerst aber sieht Barthel München wieder. Für ihn gleich doppelt ein besonderer Moment. Neben dem Ex-Club ist auch seine Freundin in der Stadt zuhause.