Ein enttäuschendes letztes Mal

von Redaktion

1:2-Pleite gegen den Fußballzwerg Nordmazedonien – Mannschaft müde

VON GÜNTER KLEIN

Duisburg/München – Man wird Joachim Löw noch einige Male bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft an der Seitenlinie wirken sehen, die Europameisterschaft im Juni, Juli will der Bundestrainer mitnehmen. Doch der Abend des 31. März stand schon im Zeichen eines Abschieds, und die Diskussionen um Löw werden nun wieder Fahrt aufnehmen. Letztmals coachte Löw bei einem WM-Qualifikationsspiel. Immer war er ungeschlagen geblieben, die vergangenen 18 Partien hatte man unter seiner Regie gewonnen. Der finale Auftritt in diesem Wettbewerbsformat war eine massive Enttäuschung und beendete alle Serien: 1:2-Niederlage gegen Nordmazedonien. „Wir gehen mit einem schlechten Gefühl weg“, so Ilkay Gündogan, „das wird zwei Monate nachwirken.“

Löw hatte über den Gegner, dem man ohne Auslosung für eine Qualifikation nie begegnet wäre, nette Worte gesagt. Höfliche Floskelei? Oder war es doch eine sachliche Einschätzung, dass er „mit Rumänien gleichwertig“ und „mit allen Wassern gewaschen“ sei?

In der Tat: Nordmazedonien erwies sich als widerspenstiger als die Island und Rumänien. Die Kommandos hallten hörbar durch die Duisburger Arena und belegten die Emotionalität, mit der der Weltranglisten-65. zu Werke ging. So erreichte er mehr als nur ein Etappenziel: die erste Halbzeit nicht nur ohne Gegentreffer, sondern mit einer Führung abzuschließen. In der 40. Minute konnte Marc-Andre ter Stegen einen deutschen Rückstand mit einem Reflex noch verhindern, doch in der Nachspielzeit schlugen die Nordmazedonier zu. Goran Pandev, der 37-jährige Altstar, der sich hinter Emre Cans Rücken routiniert in Position geschlichen hatte, wurde von Bardhi bedient – 0:1.

Joachim Löw hatte sein Team leicht verändert. Im Tor kam es zum verabredeten Wechsel: Barcelona-Keeper ter Stegen statt Manuel Neuer, „dem eine Pause gut tut“ (Löw). In der Abwehr Dreier- statt Viererkette. Neu war Robin Gosens auf der linken Außenbahn.

Die Kombinationen der deutschen Elf gerieten nicht so flüssig wie in den beiden ersten Spielen des Wettbewerbs. Leon Goretzka drosch den Ball in der 9. Minute an die Latte, das war die größte Tormöglichkeit. Doch sonst? Gnabry schoss drüber (31.), Havertz zauderte (33.). Es bestätigte sich, was der Bundestrainer über den körperlichen Zustand der Mannschaft gesagt hatte: „Wir hatten einen langen Rückflug aus Rumänien, waren spät im Bett. Die Spieler klagen über schwere Beine.“

Es war klar: Löw würde früher neue personelle Impulse setzen müssen als üblich. Er reagierte in der 56. Minute mit der Hereinnahme von Timo Werner (schnell und abschlussstark) und Amin Younes (Dribbelspezialist), der nach dreieinhalb Jahren sein Comeback beim DFB gab. Aus einer Eins-gegen-eins-Situation, aber von Sané, ergab sich der Ausgleich. Sané holte einen Elfmeter der Muss-nicht-gepfiffen-werden-Kategorie heraus, Kapitän Gündogan verwandelte in per Schuss in die Mitte zum 1:1 (63.) und wirkte sehr erleichtert. Es war ein Nervenspiel. Der klarere Strafstoß hätte in der 77. Minute auf der anderen Seite gegeben werden müssen, als Can klar mit dem Oberarm zum Ball ging. Die Mazedonier protestierten wild, aber ergebnislos (einen Videoreferee gibt es in der WM-Qualifikation nicht),

Aber sie erfuhren Gerechtigkeit. Nachdem in der 80. Minute Timo Werner das zweite deutsche Tor verschusselt hatte, machten die Gäste eins. 85. Minute: 1:2 durch Elmas. Sensation.

Was mittlerweile zu deutschen Auftritten gehört, ist eine Stellungnahme gegen Menschenrechtsverletzungen im WM-Gastgeberland Katar (ohne dieses konkret zu benennen). Diesmal präsentierten die Spieler ein Banner mit der Aufschrift „Wir für 30“. Klarer als die mit den Rückennummern nach vorne getragenen Trikots am Sonntag in Bukarest. Und außerdem weiß die Öffentlichkeit inzwischen, dass die Menschenrechts-Charta in 30 Artikeln abgefasst ist. Doch eigentlich wirkte auch das ganze Spiel wie eine Protestaktion gegen Katar. Als wollte man nicht unbedingt hin.

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