München – Er war einer der wenigen Gewinner der mäßig geglückten WM in Ägypten. Trotz seiner derzeitigen Knieverletzung gilt Paul Drux als feste Größe im Konzept von Handball-Bundestrainer Alfred Gislason. Und das will der 26-jährige Rückraumspieler von den Füchsen Berlin auch bleiben. Es winkt sein Traumziel Olympia.
Sie pausieren derzeit wegen einer Knieoperation. In einer Phase, in der der Spielplan dichter getaktet ist denn je. Kommt die Verletzungspause da fast gelegen?
Ach, für eine Verletzung gibt es nie einen richtig guten Zeitpunkt. Und wenn ich sehe, was die Jungs gerade leisten müssen – da wäre ich schon gerne dabei, um zu helfen. Die Saison geht extrem lange, man hat eigentlich jede Woche drei Spiele, ganz nebenbei gab es ja auch noch eine WM. Das ist schon hart. Verletzungen häufen sich und es nimmt dem Sport auch Attraktivität.
Andere Sportarten wie das Eishockey haben ihre Saison den Umständen angepasst. Der Handball nicht. Fühlen Sie sich im Stich gelassen?
Da muss man sicher generell darüber sprechen. Aber klar ist auch: Wir müssen uns glücklich schätzen, dass wir unseren Beruf gerade überhaupt ausüben dürfen. Da bin ich auch wirklich dankbar, dass wir spielen dürfen. Trotzdem ist jeder gefordert, sich Gedanken zu machen, wie man die Belastung vermindern kann.
Zumal in einer Zeit, mit speziellen Umständen. Masken, Tests und Hygienekonzepte bestimmen den Alltag. Die Spiele finden seit mehr als einem Jahr ohne Zuschauer statt. Viele empfinden das als noch fordernder als ohnehin…
Ach, mit Masken und den entsprechenden Regeln habe ich persönlich überhaupt kein Problem. Das stört mich überhaupt nicht. Dass keine Zuschauer da sind, daran hat man sich inzwischen gewöhnt. Auch wenn es natürlich das Spiel verändert. Das Publikum ist schon ein großer Teil.
Bekommt man Sehnsucht mal wieder ausgebuht zu werden?
(lacht) Ausgebuht vielleicht gerade nicht. Aber es ist einfach schöner, wir leben doch dafür, vor Menschen spielen zu können.
In Berlin gab es ein Projekt bei den Volleyballern, die unter strengen Rahmenbedingungen die Zulassung einiger hundert Fans testeten. Macht das Hoffnung?
Auf alle Fälle. Ich finde so etwas sehr wichtig. Weil es ein Signal ist. Man zeigt, wir schaffen das, es gibt einen Weg. Die Absprachen zwischen den Clubs waren hier sehr eng und die jeweiligen Vereine haben zusammengearbeitet. In der Max-Schmeling-Halle sind es neben den BR Volleys die Füchse Berlin, in der Mercedes-Benz-Arena waren es dann Alba und die Eisbären. Der Berliner Sport hält hier zusammen. Ich hoffe sehr, dass das Projekt Erfolg hat. Vielleicht wird das ja sogar ein Stück Normalität bis zum Sommer.
Einem Sommer, in dem allerdings auch die Olympischen Spiele in Tokio maximal von einem japanischen Zuschauerkontingent begleitet werden. Macht Olympia unter den derzeitigen Umständen Sinn?
Ich habe nie damit gerechnet, dass es dort wirklich Zuschauer geben wird. Das war für mich schon lange schwer vorstellbar. Aber ich denke schon, dass die Spiele Sinn machen. Es gibt mittlerweile ja viele Beispiele, dass es mit den entsprechenden Konzepten auch funktionieren kann. Und ihren Wert haben die Spiele in jedem Fall. Das ist ein Ereignis, das immer das Gefühl vermittelt, alle Probleme in dieser Zeit mal vergessen zu können.
Und für Sie selbst?
Ich habe schon nach Rio 2016 gewusst, dass ich das auf jeden Fall noch mal erleben will. Olympia ist für mich übergeordnet, ein riesiges Ziel. Ich fiebere den Spielen entgegen. Gut, dass wir jetzt qualifiziert sind. Und dann muss der Bundestrainer mich natürlich noch nominieren. Ich werde versuchen, mich zu empfehlen.
Bedingt durch die Umstände muss in kurzer Zeit ein Team gebildet werden, das in Tokio um die Medaillen mitspielen können soll. Trifft es sich gut, dass gerade jetzt ein so erfahrener Coach wie Alfred Gislason das Zepter führt?
Ich denke schon. Er ist ein Trainer, der weiß, wie man Teams zusammenstellt und auch formt in kurzer Zeit. Das hat man in der Qualifikation jetzt ja auch gesehen.
Wie ist es aus Spielerperspektive. Löst es etwas aus, wenn man im Spiel Gislason an der Seitenlinie stehen sieht?
Das macht schon etwas aus, ja. Du weißt, er ist ein erfahrener Trainer, der in seiner Karriere schon viel gewonnen hat und der mit jeder Situation umgehen kann.
So positiv sieht das offenbar nicht jeder. Kürzlich hat Gislason einen Drohbrief erhalten, der ihn zum Rücktritt aufforderte. Das ist neu im Handball.
So etwas ist nie normal. Ganz egal, wen es trifft – so etwas ist einfach nur verachtenswert. Das kann man nur verurteilen. Aber es ist leider eine Entwicklung der Zeit, diese ganze Anonymität. Ich finde es gut, wie er reagiert hat. Dass er an die Öffentlichkeit gegangen ist. Gegen so etwas muss man entschlossen die Stimme erheben.
Sie selbst haben kürzlich eine andere Art Statement abgegeben. Sie sind gebürtiger Gummersbacher, aber sie denken an den Verbleib in Berlin bis zum Karriereende. Das ist eine seltene Treue.
Ich bin auf jeden Fall jemand, dem das gefällt. Aber ich glaube auch einfach an das Konzept des Vereins. Und ich glaube an die Mannschaft, die Truppe hat Potenzial. Wenn man sie zusammenhält und ihr Zeit gibt, dann kann sich da schon was Großes entwickeln. Aber ich fühle mich auch einfach wohl in Berlin, meine Frau fühlt sich wohl. Das nach Hause kommen, wenn ich in die Stadt reinfahre, das ist schon etwas Besonderes. Warum sollte ich das ändern?
Interview: Patrick Reichelt