Es grenz fast schon an Magie. Nur neun Monate hat Andrea Trinchieri, der Coach der Bayern-Basketballer, gebraucht. Neun Monate, um ein Team aus dem Hut zu zaubern, das in der Euroleague nicht nur mithalten kann, sondern sogar in die Playoffs einzieht. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte der Münchner, als erstes deutsches Team überhaupt. Der Club, der in der letzten Saison international noch regelmäßig verdroschen wurde, gehört nun offiziell zu den besten acht Teams Europas. Wie konnte das passieren?
Der Aufschwung bei den Bayern begann damit, dass man sich Fehler eingestand. Geschäftsführer Marko Pesic und Sportdirektor Daniele Baiesi gaben offen zu, dass ihnen die Zusammenstellung des Kaders letztes Jahr misslang. Es gab zudem Uneinigkeiten über die sportliche Ausrichtung des Vereins. Am Donnerstag, nach dem Erfolg gegen Kaunas, umarmten sich Baiesi und Pesic herzlich auf dem Parkett des Audi Domes. Es gibt allen Grund zur Zufriedenheit. Die beiden Architekten haben die missratene Saison 2019/20 nicht nur schonungslos analysiert, sondern auch Lehren daraus gezogen, Prozesse eingeleitet. Der wichtigste Baustein: der Trainer. Der neue Kader wurde so ausgewählt, dass er zu Trinchieris enorm flexiblem und anspruchsvollen System passt. Und Trinchieri zahlt das zurück, der 52-Jährige hat dem Verein wieder eine Spielphilosophie eingehaucht. Vielleicht auch eher eingetrichtert, beachtet man das aufbrausende Temperament des Basketball-Professors.
Die Verantwortlichen haben ein Team zusammengestellt, das auch aus vermeintlich Gescheiterten besteht. Vielen Spielern wurde keine Leistungssteigerung mehr zugetraut. Wade Baldwin etwa bekam von 17 der 18 Euroleague-Teams kein Angebot, nur die Bayern setzten auf den Spielmacher. Am Donnerstag zog der 25-Jährige nach dem Spiel grinsend an einer Zigarre.
Trinchieri nennt sein Team „The Dirty Dozen“, das Dreckige Dutzend. Man sei weit davon entfernt, perfekt zu sein: „Aber wir sind auch weit davon entfernt, gewöhnlich zu sein. Genau das braucht es, um einen Traum zu jagen. Aber warum sollten wir jetzt aufhören zu träumen?“ Der italienische Zauberer hat Recht. Dieses Team wird auch in den Playoffs weiter für Furore sorgen.
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