München – Marko Pesic fiel auf die Knie. Der Geschäftsführer der Bayern-Basketballer streckte seine Fäuste Richtung Hallenboden, saß anschließend minutenlang völlig gelöst auf der Tribüne im Audi Dome. Das Gesicht in den Händen vergraben, vielleicht auch um die ein oder andere Freudenträne zu verdecken. Nur wenige Momente zuvor hatte der Münchner Vladimir Lucic kurz vor Spielende einen Wurf des Franzosen Joffrey Lauvergne geblockt. Es war der wichtigste Block in der Vereinsgeschichte der Bayern. Durch den dramatischen 71:70-Erfolg gegen Zalgiris Kaunas stehen die Basketballer des FC Bayern erstmals in den Playoffs der Euroleague, als erstes deutsches Team überhaupt.
Eine erste Pressemitteilung der Münchner bestand wenige Minuten nach Spielende nur aus der zigfachen Wiederholung des Wortes „Playoffs“, mit dem wichtigen Zusatz: „KEIN SCHERZ!“. Auch Pesic brauchte einige Minuten, um den riesigen Erfolg zu realisieren: „Vor der Saison hätte ich dazu gesagt: Du bist verrückt!“
Letztes Jahr im Juni war es, da warf Ludwigsburg die Bayern im Finalturnier der BBL bereits im Viertelfinale raus. Auch und vor allem international erlebten die Münchner eine Saison zum Vergessen, man kassierte zuverlässig Klatschen, beendete die Saison auf dem vorletzten Platz.
Dann kam Andrea Trinchieri als neuer Coach und zauberte innerhalb von neun Monaten eine Mannschaft herbei, die Geschichte schreibt. Schon früh in der Saison merkte man, dass die Bayern auch international wieder mithalten können. Doch gerade in den letzten Wochen entstand die Sorge, so beschrieb es auch Pesic, was passiert, wenn man sich für so eine starke Spielzeit nicht belohnt und die Playoffs verpasst? Sprachkünstler Trinchieri wählte folgendes Bild: „Es sah zwischenzeitlich danach aus wie im Winter, wenn es kalt ist und du heiße Schokolade in den Händen hast – dann wird die Schokolade dicker und dicker und dicker. Du kannst nicht mehr deinen Löffel darin bewegen.“
Auch gegen Kaunas war es wieder ein Ritt auf der Rasierklinge. Zwischenzeitlich lagen die Münchner im letzten Viertel mit sieben Punkten vorne, wurden aber nervös, gaben die Führung schnell wieder her.
Den letzten Angriff der Münchner verwarf Lucic, wurde aber gefoult. Der beste Spieler im Bayern-Kader behielt die Nerven, verwandelte beide Freiwürfe und brachte sein Team mit einen Punkt in Führung. Kaunas blieben zwar noch zwei Sekunden, aber Lucic war erneut zur Stelle und blockte die Bayern in die Playoffs.
„Es musste natürlich wieder so ausgehen. Wild, ein wildes Ding!“, sagte Paul Zipser. Die Bayern haben in dieser Saison schon so oft Rückstände aufgeholt und Spiele erst in den Schlusssekunden entschieden. „Wir geben unseren Fans viele Herzattacken“, sagte Wade Baldwin. „Wir hatten oft die Schlinge um den Hals, sind aber nie gestorben“, sagte Trinchieri.
Nein, dieses Team ist lebending, zeigt Woche für Woche eine unfassbare Mentalität. Alle haben sich gesteigert. Ein Jalen Reynolds und ein Baldwin, die bei Maccabi beziehungsweise Olympiakos keine große Rolle spielten, in München aber Führungsspieler sind. Nick-Weiler Babb, der seine erste Saison in der Euroleague spielt, oder auch Zan Mark Sisko, der in der letzten Saison nicht mal zur festen Rotation gehörte und den Bayern am Donnerstag gegen Kaunas den Rhythmus verlieh.
Der gesamte FC Bayern sei wahnsinnig stolz auf diese historische Leistung, sagte Präsident Herbert Hainer. Doch Trinchieris Wolfsrudel hat jetzt erst so richtig Blut geleckt. „Wir sind noch nicht fertig“, warnte Lucic.