Der FC Bayern kann sich nur selbst schlagen. Sportlich gesehen ist diese Erkenntnis eine, mit der sich hoffnungsvoll ins Rückspiel gegen Paris Saint-Germain am Dienstag gehen lässt. Hätten die Münchner etwas mehr aus ihren 31 Torschüssen gemacht, sähe die FCB-Welt nach dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League deutlich rosiger aus.
Die Erkenntnis, dass der FC Bayern selbst sein vermeintlich gefährlichster Gegner ist, beunruhigt da mit Blick auf das, was abseits des Rasens passiert, deutlich mehr. An der Säbener Straße ist es – mal wieder – Zeit für ein Politikum. Dieses Mal trägt es den Namen Jerome Boateng. Der im Sommer auslaufende Vertrag des Innenverteidigers wird nicht verlängert. Trainer Hansi Flick missfällt diese Entscheidung, die die Clubführung um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportvorstand Hasan Salihamidzic getroffen hat.
So weit, so normal. Wie es beim FC Bayern allerdings schon Tradition ist, drang die Information, dass Boatengs Aus endgültig beschlossen ist, an die Öffentlichkeit, ehe der Club es kommunizieren konnte. Für Flick ein Unding. Der Bayern-Trainer reagierte schon pikiert darauf, dass Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß in seiner Funktion als RTL-Experte Boateng die EM-Tauglichkeit abgesprochen hatte.
Flick – das wird in diesen Wochen immer deutlicher – wünscht sich mehr Mitspracherecht bei der Kaderplanung. Angesichts seiner herausragenden sportlichen Erfolge kein ganz abwegiger Gedanke. Boateng hätte er gerne gehalten. Im Sommer hätte er u. a. gerne Kai Havertz, Callum Hudson-Odoi und Timo Werner verpflichtet. Dass sein Wunschzettel weit weg vom wirtschaftlich Machbaren ist, weiß Flick. Auf das Geld muss der Fußballtrainer eben auch nicht achten, das ist Aufgabe von Salihamidzic, Rummenigge und Co.
Die Unstimmigkeiten in Personalfragen sind folglich erklärbar. Der eine hat ein Wunschteam vor Augen, der andere die Zahlen im Kopf. Fragwürdig bleibt, warum die starken Männer beim FC Bayern nicht endlich mal lernen, derlei Konflikte hinter verschlossenen Türen an der Säbener Straße auszutragen. Denn so wie es in der Causa Boateng mal wieder lief, schneidet sich der Sextuple-Sieger ins eigene Fleisch. Die Konkurrenten wie Paris Saint-Germain wird es freuen.
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