München – Eine unnötige 2:3-Heimniederlage im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals ist schon Anlass genug für schlechte Laune – und trotzdem verfinsterte sich die Miene von Hansi Flick am späten Mittwochabend noch weiter. Grund dafür: Der Bayern-Trainer wurde in der Videokonferenz auf die Personalie Jerome Boateng angesprochen. Wegen der brodelt es an der Säbener Straße schon seit einigen Tagen mächtig.
Flick schnaufte bestens hörbar durch. „Die Frage beantworte ich nicht, weil das Dinge sind, die ja …“, sagte Flick. Er hielt inne, dachte nach. Und setzte dann wieder an: „Ich muss hier professionell die Fragen beantworten. Alles muss ich jetzt auch nicht beantworten, weil ich es nicht möchte.“ Anschließend folgten die verwirrendsten und irgendwie doch deutlichsten Worte des 56-Jährigen. Flick sagte: „Ich muss da ein bisschen – wie soll ich sagen – schauspielern. Das gehört auch dazu zum Trainerjob.“
Flick sprach es zwar nicht aus, aber seiner Reaktion war deutlich zu entnehmen, dass ihm gar nicht in den Kram passte, dass die beschlossene Trennung von Boateng (Vertrag läuft im Sommer aus) ausgerechnet vor der Partie gegen Paris Saint-Germain durchgesickert war. Wie der „kicker“ berichtete, wurde die Trennung vom Aufsichtsrat des Clubs jüngst endgültig beschlossen – klar war es aber bereits seit Monaten.
Vor Anpfiff des Duells mit PSG bestätigte Hasan Salihamidzic es erstmals aber auch öffentlich. „Ich selbst habe das Jerome erklärt, er hat das auch verstanden – und er wird auch durch das große Tor gehen“, erklärte der Münchner Sportvorstand bei Sky und betonte: „Das war eine gemeinsame Entscheidung der Vereinsführung – und in die war der Trainer auch eingebunden.“ Ein freundlicher Gruß an die Adresse von Hansi Flick.
Eingebunden heißt freilich nicht, dass Flick diese Entscheidung auch so gefällt hätte. Am Vortag des Spiels hatte der Trainer nämlich noch erklärt: „Jeder weiß, wie ich zu Jerome stehe und was für eine Qualität er hat.“ Die nonverbale Botschaft hinter dieser Aussage: Ich hätte gerne mit Boateng weitergemacht. Noch mehr als der Abschied des von ihm sehr geschätzten Innenverteidigers störte Flick der Zeitpunkt und die Tatsache, dass diese Information publik wurde. „Wie das so an die Medien kommt …?“, grummelte der Trainer vor dem Viertelfinal-Hinspiel.
Und so spitzt sich aktuell in der Personalie Boateng zu, was ein genereller Konflikt zwischen Trainer Flick und Sportvorstand Salihamidzic ist: die Personalplanung. Für die ist – qua Amt – Salihamidzic federführend verantwortlich. Flick eben nicht. „In seinem Vertrag steht, dass er exklusiv verantwortlich für Training, Taktik und Mannschaftsaufstellung ist“, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kürzlich klargestellt und fordert aktuell in der „Bild“: „Wir müssen alle an einem Strang ziehen.“
Zu allem Überfluss ist zudem weiterhin offen, ob Flick über den Sommer hinaus Trainer beim FC Bayern bleibt oder doch zum DFB abwandert. „Mein Fokus ist, dass wir erfolgreich Fußball spielen. Alles andere ist aktuell nicht mein Thema“, meinte Flick bei Sky. Salihamidzic sagte: „Jeder weiß, dass Hansi Flick und ich sehr gut zusammenarbeiten und dass wir für den Erfolg der Mannschaft alles tun.“ Aktuell wirken diese Worte wie leere Hülsen, zu deutlich ist das Brodeln unter der Oberfläche zu spüren.