London – Thomas Tuchel freute sich nach dem „fast unglaublichen“ Erfolg seiner Blues auf einen entspannten Mittwochabend. Rauf auf die Couch, Fernseher an, Jürgen Klopp gegen Toni Kroos schauen, lautete der Plan des Teammanagers des FC Chelsea. Die erste, relaxte Beobachtung des Halbfinalgegners in der Champions League ging der 47-Jährige im Gefühl großer Zuversicht an. Tuchel will nach Istanbul, Tuchel will ins Finale der Königsklasse.
„Es ist ein großer Schritt und eine große Leistung, in einem Halbfinale zu stehen“, sagte Tuchel mit einem seligen Lächeln im Gesicht nach der unnötigen, aber letztlich unerheblichen 0:1 (0:0)-Niederlage gegen den FC Porto: „Wenn man das erreicht hat, will man auch ins Finale.“ Einen letzten Stolperstein bekommen die Blues auf dem Weg dorthin noch vorgesetzt.
Tuchel verströmte nach dem nächsten beachtlichen Auftritt seiner auf internationalem Terrain noch unerfahrenen Mannschaft eine enorme Zufriedenheit. Das Hinspiel hatte Chelsea 2:0 gewonnen und ließ trotz des Traumtores von Portos Mehdi Taremi in der Nachspielzeit (90.+4) insgesamt überhaupt keine Zweifel zu, wer in die Runde der letzten Vier der Champions League gehört. Und da ist laut Tuchel alles möglich.
Zum insgesamt achten Mal steht Chelsea im Halbfinale – häufiger als jeder andere englische Club. Allerdings kamen die Blues zuletzt 2014 so weit. Der bislang einzige Triumph – Bayern-Fans spüren den Schmerz noch immer – gelang 2012 in München als Didier Drogba und Kollegen den Münchnern das „Finale dahoam“ schwer vermasselten. Nun glauben Tuchel und sein Team mit den deutschen Nationalspielern Kai Havertz, Antonio Rüdiger und Timo Werner plötzlich an die nächste große Chance. Aus gutem Grund, zuletzt zeigte die Formkurve nur in eine Richtung: nach oben.
Die beachtliche Entwicklung ist durchaus auf Tuchel zurückzuführen. Der Coach hat dem zuvor oftmals nicht diszipliniert genug agierenden Team nach seinem Amtsantritt Ende Januar einen klaren Defensivplan verordnet, der es enorm schwer macht, Chelsea zu schlagen. „Thomas Tuchel macht einen unglaublichen Job hier bei Chelsea“, sagte Verteidiger Thiago Silva bei „Sky“ nach dem Erfolg gegen Porto.
Die fehlende Erfahrung auf höchstem Königsklassen-Niveau fängt Tuchels Mannschaft mit einem Höchstmaß an Einsatz auf. „Wir sind bis hierher mit einer sehr jungen Mannschaft gekommen“, sagte der frühere Coach von Mainz 05, Borussia Dortmund und Paris St. Germain: „Was eine junge Mannschaft immer kann, ist kämpfen, rennen, durchhalten und die Spiele wie ein Abenteuer angehen.“
Der Endspurt der Saison wird dabei auch zur großen mentalen Herausforderung. In der Liga ist der Kampf um die Königsklassen-Plätze enorm eng. Man kann sich längst noch nicht sicher sein, auch im nächsten Jahr wieder im Wettbewerb starten zu dürfen. Im FA-Cup wartet zudem auf Chelsea schon am Samstag die nächste große Aufgabe gegen das derzeit alles überstrahlende Manchester City. Tuchel stört das nicht, Im Gegenteil, der Deutsche brennt genau für diese Spiele. Wie für das Champions-League-Finale am 29. Mai. dpa