Ein Format mit Tücken

von Redaktion

Best of Three statt Seven: Wie gefährlich ist das für Favoriten wie München?

VON GÜNTER KLEIN

München – Die Sprache des Eishockeys, das aus Kanada stammt, ist Englisch, und Harold Kreis, der deutschkanadische Trainer der Düsseldorfer EG, führt einen neuen Fachbegriff ein. Heute beginnen die Playoffs, im Coronajahr aus Termingründen nicht im ausufernden „Best of Seven“-Verfahren, sondern reduziert auf „Best of Three“. Eine Mannschaft, die bestehen will, so Kreis, langjähriger Nationalspieler, brauche „small margin awareness“. Übersetzt: Sie muss sich bewusst sein, dass es auf Wachsamkeit in einer kurzen, aber entscheidenden Phase ankommt. Oder wie Don Jackson, Coach des EHC München, es umschreibt: „Wir müssen in jeder Sekunde da sein.“

Harold Kreis hat mit seiner Düsseldorfer EG die Playoff-Runde nicht erreicht, dazu hätte man in München am Sonntag gewinnen müssen. Man verlor 1:6, und Kreis befand, „dass München um die Meisterschaft spielen wird und absolute Playoff-Form hat“. Die Bilanz des EHC aus der Runde mit den Nord-Clubs lautet: elf Siege, drei Niederlagen. Eine klare Steigerung gegenüber dem ersten Teil der Saison, in dem die Münchner im Süden auf der Suche nach ihrem gewohnt dominanten Spiel waren, sich defensiv anfällig präsentierten und Don Jackson bemerkte, dass er etwas würde verändern müssen. Es waren – auch so ein Fachterminus – „die Kleinigkeiten“ (Stürmer Maxi Kastner), an denen man arbeitete. Der EHC vermittelt nun jedenfalls wieder das Gefühl, dass er etwas reißen kann.

Allerdings geht es im Viertelfinale zurück in den Süden. Gegner ist der ERC Ingolstadt. „Wir haben drei von vier Spielen gegen sie verloren“, erinnert Don Jackson. 4:6 und 1:3 zu Hause, in der Halle des oberbayerischen Rivalen unterlag man 2:3 nach Penaltyschießen, gewann den letzten Vergleich aber mit 5:2 – die Lernkurve ging leicht nach oben.

Ingolstadt hatte lange mit seiner Teilnahme an der Saison gezögert, nach dem Ja der Gesellschafter hatte Sportdirektor Larry Mitchell in einer Art Schnäppchenrausch (viele Spieler waren auf Vereinssuche und bereit, zum Billigtarif anzutreten) eine Truppe zusammengestellt, die er „die beste, seit ich hier bin“ nannte und die neben Mannheim, München und Berlin Meisterschaftsanwärterstatus zugesprochen bekam. In der Süd-Runde lag der ERCI lange vor dem EHC München, doch nach und nach ging ihm die Form verloren. Es dauerte bis vergangenen Freitag, ehe Ingolstadt Platz drei in der Süd-Tabelle abgesichert hatte.

Die Stimmung war zuletzt nicht immer gut, Trainer Doug Shedden sah sich mal wieder genötigt, Spieler durch öffentliches Anzählen zu motivieren. Dem finnischen Stürmer Petrus Palmu stellte er eine „Zukunft als Popcorn-Verkäufer“ in Aussicht – seitdem funktioniert der hochbegabte 23-Jährige wieder als Eishockeyspieler.

Die vergangenen Wochen sprechen eher für den EHC München – doch wie gesagt: Das Format „Best of Three“ hat seine Tücken. In einer Best-of-Seven-Serie musste nach dem ersten Match noch keine Panik ausbrechen, nun wird das zweite für den Unterlegenen schon unter dem Motto „Do or die“ (Liefere oder verabschiede dich) stehen. TV-Experte Rick Goldmann sagt: „Da musst du nur auf einen heißen Torhüter treffen. Der kann eine solche kurze Serie auch mal alleine entscheiden.“ Ingolstadts Michael Garteig, Kanadier, kann solch ein Torhüter sein, das weiß der EHC.

Wo die Münchner Vorteile bei sich sehen: Der Kader ist weitgehend komplett, der Spielberichtsbogen wird voll. Und, wie Kevin Reich, einer der beiden EHC-Torhüter, sagt: „Jetzt, wo wir unseren Rhythmus haben, sind wir wieder gut.“ In der Süd-Runde lag manchmal eine Woche zwischen zwei Partien, die 14 Spiele mit den Nord-Clubs wurden in weniger als einem Monat abgespult. So wird die Frequenz auch in den Playoffs sein.

Der EHC München ist neben Süd-Sieger Mannheim, das sich nach einer Ergebnisdelle zurückgemeldet hat, wieder Hauptanwärter auf den Titel. Der ausgeschiedene Harold Kreis wird die Playoffs am Fernseher verfolgen, er schätzt München hoch ein. Doch auch die Adler haben einen prominenten Anhänger: ihren Ex-Spieler Tim Stützle, nun NHL-Star in Ottawa. Er sagt, er könne sich „nicht vorstellen, dass Mannheim dieses Jahr nicht Meister wird“.

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