München – Missbilligen ist ein hartes Wort. Bei normalen Arbeitgebern ziehen Briefe, die besagtes Verb enthalten, nicht selten Abmahnungen oder Kündigungen mit sich. Beim FC Bayern, der bekanntlich alles andere als einen normaler Arbeitgeber darstellt, war die kommunizierte „Missbilligung“ von Hansi Flicks öffentlich gemachter Bitte um Vertragsauflösung lediglich die (vorerst) letzte Episode einer Scheidung, wie man sie just von diesem Arbeitgeber nicht kennt. Mia san irgendwie nimma mia. Das weiß auch und vor allem Flick, der das Theaterstück vor der Partie heute Abend gegen Leverkusen aber nicht um ein Kapitel bereichern wollte, sondern das tat, worum die Chefetage ihn schriftlich gebeten hatte: sich doch bitte auf die Englische Woche zu konzentrieren, danach könne man gerne reden. Gesagt, getan!
So trat Flick also gestern zur Videopressekonferenz aufs Podium und schickte voraus, dass er sich nicht mehr über das leidige Thema äußern werde, um es im nächsten Satz doch irgendwie zu tun. Im Mittelpunkt stand und steht für ihn die Mannschaft, die er vor dem „Flurfunk“ an der Säbener Straße bewahren und höchstpersönlich als Erster über seine Entscheidung informieren wollte. „Das war eine spontane Sache und der nächste logische Schritt sah vor, dass ich die Medien informiere“, so Flick: „Damit ich nicht – um es in Ihrem Jargon zu formulieren – weiter rumeiern muss.“ Das tat Flick nicht. Trotz der seitens der Bosse in famoser Pressemitteilung unterstrichenen Vereinbarung, „die gesamte Konzentration des Vereins“ bis nach dem Samstag „nicht zu stören“.
Die Spieler, jene Mitarbeiter in München, zu denen sich der Fußballlehrer immer wieder demonstrativ bekennt, dankten ihrem Coach dafür. Auf ihre Weise. Insbesondere die netten Worte in den sozialen Netzwerken von Spielern wie Jerome Boateng und David Alaba, denen im ganzen Konflikt zwischen dem Trainer Flick und dem Sportdirektor Hasan Salihamidzic keine unbedeutende Rolle zukommt, zeugen von Bruch zwischen denjenigen auf dem Rasen und denen in den Büros. Daran, dass die auf dem Grün bis zur neunten Meisterschale in Serie und dem damit einhergehenden fünften Stern auf der Brust, bis zum Ende zusammenhalten, ließ Flick auch gestern keinen Zweifel: „Die Mannschaft hat Mentalität“, unterstrich der Trainer.
Und dann? Wie wird die Stimmung am 22. Mai gegen 17.30 Uhr sein, wenn seine Bayern nach der abschließenden Partie gegen Augsburg in der Allianz Arena tatsächlich das Stück Edelmetall in den Himmel recken? „Dann können wir alle feiern. Wir alle. Man hat immer gemeinsam Erfolg, nie alleine. Das ist mein Credo“, blickte Flick voraus. Es klingt zu schön, als dass es die aktuelle Situation an der Säbener Straße zulassen könnte. Wird Flick mit Salihamidzic anstoßen? Oder mit Salihamidzic’ Mentor und Beschützer Uli Hoeneß? Mit Karl-Heinz Rummenigge bestimmt. Vielleicht auch mit Oliver Kahn, der es sich in der Causa ohnehin mit niemandem verscherzen wollte. Ein Gläschen mit dem ebenso zurückhaltenden Präsidenten Herbert Hainer? Auch das würde Flick dann wohl nicht mehr missbilligen.