So funktioniert die Tennis-Blase

von Redaktion

Die BMW Open 2021 gehen in die Geschichte ein – als hoffentlich die einzigen ohne Fans und im Corona-Würgegriff

München – Der Blick auf die Uhr verheißt nichts Gutes. 10.02 Uhr – ob Alexander Zverev ein geduldiger Mensch ist?

Um 10 Uhr hat er zum Gespräch gebeten, um danach mit Bruder Mischa gleich auf den Trainingsplatz zu können. Nun stehe ich mit noch drei anderen Journalisten-Kollegen in der Schlange vor den Toren des MTTC Iphitos und warte auf Einlass. Die Erlösung kommt per SMS. Corona-Schnelltest negativ, die Tür zu Alexander Zverev öffnet sich. Und Glück gehabt – der Stuhl des Turnierfavoriten ist noch leer.

Es ist das tägliche Ritual bei den diesjährigen BMW Open. Vor dem Betreten der Anlage am Aumeister muss ein negativer Corona-Schnelltest vorliegen. Dafür haben die Veranstalter neben dem Parkplatz eigens eine Teststation errichtet. Hier muss sich jeder anstellen. Linienrichter, Tennis-Profi, Ballkinder, Sicherheitspersonal, Journalisten. Wenn alle Beteiligten sich morgens zu ihrem Arbeitsplatz begeben wollen, kann es daher schon einmal etwas länger dauer. In sechs Einzelkabinen wird ein Abstrich aus der Nase oder dem Rachen genommen und dann heißt es warten. Circa 20 Minuten später trudelt das Ergebnis per SMS auf dem Handy ein und es die Tür öffnet sich. Allerdings ist dafür nicht nur ein Schnelltest notwendig. Das Protokoll der ATP ist streng.

Alle vier Tage muss zusätzlich ein PCR-Test aus dem Labor vorliegen. Arbeitet man die gesamte Turnierdauer auf der Anlage, bedeutet das, mindestens zwei negative PCR-Ergebnisse sind für diese Tage notwendig. Zusätzlich muss jeden Tag ein Fragebogen der ATP ausgefüllt werden, den man über das Smartphone an die Veranstalter übermitteln kann.

Auf der weitläufigen Clubanlage erinnert kaum etwas an das hektische Treiben von früher. Hier herrscht Maskenpflicht – immer und überall. Nur zum Essen und Trinken ist es gestattet, die Maske abzunehmen. Das Gelände wurde in verschiedene Zonen unterteilt. So sollen die Spieler zusätzlich geschützt werden. Sonst ist es zum Beispiel während des Turniers problemlos möglich, zu den Trainingsplätzen zu schlendern und den Profis bei ihren Einheiten zuzuschauen. 2021 nicht. Das Ziel der ATP: Die Profis sollen so wenig Kontakt wie möglich mit Personen außerhalb ihrer Blase haben.

Daher finden auch die Pressekonferenzen virtuell statt. Kurz nach Spielende trudelt eine Nachricht auf dem Handy mit der Anfangszeit für die Einschätzungen der Protagonisten nach dem Match ein. Auch die morgendliche Fragerunde von Turnierdirektor Patrik Kühnen findet in der digitalen Welt statt.

Auf Bierbänken sind Plätze gekennzeichnet, auf die man sich setzen darf oder eben auch nicht. Alles im Sinne des Mindestabstands.

Jenseits des Center-Courts werden noch auf zwei weiteren Plätzen Turnierspiele ausgetragen, jedoch ohne extra Tribünen. Fest-installierte Ruhebänke sind die einzige Chance, sich an den Plätzen die Begegnungen anzuschauen.

Apropos Center-Court: Auf dem Hauptplatz ist die Atmosphäre gespenstig. Was auf der einen Seite an der Weitläufigkeit liegt – normalerweise finden hier 4300 Zuschauer Platz – aber auch an dem Verhalten der Spieler. Erstaunlich emotionslos gehen die meisten Matches über die Bühne. Hat ein Profi die Oberhand, fällt es den Gegnern sichtlich schwer, emotional noch einmal alle Körner zu mobilisieren und sich gegen die Niederlage zu stemmen. Gut zu beobachten in der ersten Runde bei den Niederlagen der Lokalmatadoren Maximilian Marterer und Cedrik-Marcel Stebe. Sehr gut vorstellbar, dass die Anfeuerungen der Fans Beide in die zweite Runde getragen hätten.

Bekannt sind die BMW Open für das erstklassige leibliche Wohl. Auch hier ist nichts so wie in den vergangenen Jahren. Es gibt ein Zelt, in dem ab mittags zwei Gerichte zur Auswahl stehen und wofür am Einlass Essensmarken verteilt werden. Die Ausgabe erfolgt in Einmal-Geschirr und Einmal-Besteck. Und wieder muss man sich einen grünen Haken auf einer Bierbank suchen, wo man das gerade ausgeteilte Essen verspeisen darf.

So sind die BMW Open 2021. Ein völlig neues Erlebnis. Aber auch ein Erlebnis, auf das man in Zukunft gerne verzichten würde. DANIEL MÜKSCH

Artikel 1 von 11