Der Trainerberuf im Profifußball ist – weltweit – vor allem auch eine Geschichte der Existenzangst, des Scheiterns, des Gefeuertwerdens. Sicher, es gibt glorreiche, souveräne Ausnahmen. Aber den meisten Fußballlehrern bleibt es in ihrer Karriere nicht erspart, die Rolle des Prügelknaben und Sündenbocks zu spielen. Wenn es nicht läuft, die Stimmung auf den Rängen immer mieser wird, dann setzt in der Regel der Aktionismus der Vereinsbosse ein, denen meistens nur eines einfällt, um Tatkraft vorzutäuschen: Sie entlassen den Coach. Brasilien hat kürzlich daraus einen durchaus vernünftigen Schluss gezogen: Nach einer Saison, in der 17 von 20 Erstligisten den Trainer wechselten (manche mehrfach), beschloss die Serie A, die Klubs zu einer rücksichtsvolleren Personalpolitik zu verdonnern: Künftig darf jeder Verein pro Saison nur einen Trainer entlassen.
Auch in der Bundesliga wackeln praktisch seit Gründung anno 1963 die Trainerstühle. Wobei in diesem Spieljahr die Fluktuation ganz besonders groß war. Nur drei Vereine (Freiburg/Streich, Union Berlin/Fischer und VfB Stuttgart/Matarazzo) waren davon nicht betroffen. Alle anderen verlieren ihre Trainer, haben sie schon verloren oder die Coaches müssen um ihren Job bangen (Bremen/Kohfeldt, Hoffenheim/Hoeneß). Allerdings ist da auch ein auffälliger Trend zu beobachten: Die Trainer – sofern ihnen das Schlachtenglück hold ist – neigen immer mehr dazu, mittels Ausstiegsklausel das Heft des Handelns zu ergreifen. Es sind nicht mehr unbedingt die Clubs, die sich ihrer Übungsleiter entledigen – sondern die Dinge entwickeln sich zusehends umgekehrt.
Ob Julian Nagelsmann (von Leipzig zu Bayern), Marco Rose (von Gladbach zu Dortmund), Adi Hütter (von Frankfurt zu Gladbach) und demnächst wohl Wolfsburgs Oliver Glasner (Interessenten sind Frankfurt, Leverkusen, Salzburg) – stets nutzten die begehrten Coaches ihre neue Macht und forcierten ihren vorzeitigen Abschied. Die Trainer, für die inzwischen hohe Ablösesummen fließen, sind die aktuellen Stars auf dem Transfermarkt.
Bo Svensson, der Mainz so erstaunlich wiederbelebt hat und wohl die Trainerentdeckung der Saison ist, scheint sich noch nicht auf die neue Wertschätzung seines Berufsstandes einlassen zu wollen. Vorsichtshalber beteuerte der Schwede vor laufenden Kameras: „Ich bin kein Magier, ich mache nichts Besonderes.“ Schwer vorstellbar, dass ihm das heutzutage noch geglaubt wird.
Armin.Gibis@ovb.net