München – Die Aufgaben waren bei der Verpflichtung von Julian Nagelsmann (33) als neuem Bayern-Cheftrainer klar verteilt. Sportvorstand Hasan Salihamidzic fädelte den Deal mit Nagelsmann und dessen Beratern Sascha Breese und Volker Struth von der Kölner Agentur Sport360 ein. Er hatte die Rahmenbedingungen bezüglich Vertragslaufzeit (fünf Jahre) und Gehalt (geschätzt acht Millionen pro Jahr) früh mit der Nagelsmann-Seite abgesteckt. In seiner Rolle als designierter Vorstandsvorsitzender finalisierte Oliver Kahn den teuersten Trainer-Transfer aller Zeiten (Ablöse mit Boni bis zu 20 Millionen Euro), indem er die Gespräche mit den Leipzigern führte.
Während Präsident Herbert Hainer in die Verhandlungen stets einbezogen wurde, hielt sich Noch-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge weitestgehend zurück. Der über Jahre hinweg mächtigste Mann im Club ließ bei dieser wegweisenden Trainer-Entscheidung der neuen Bayern-Führung bewusst den Vortritt. In der anschließenden Presseerklärung verzichtete er darauf, ein Zitat abzugeben. Anders als Kahn, der wie folgt zu Wort kam: „Allein schon Julians Vertragslaufzeit von fünf Jahren zeigt, wie sehr er sich mit dem FC Bayern identifiziert. Ich bin überzeugt davon, dass wir die sportliche Zukunft des FC Bayern zusammen mit Julian Nagelsmann sehr erfolgreich gestalten werden.“
Die Art und Weise, wie der Nagelsmann-Deal durchgeführt wurde, zeigt, wie der neue FC Bayern nach der Ära Uli Hoeneß/Karl-Heinz Rummenigge funktioniert: Kahn setzt als neuer Vorstandschef auf flache Hierarchien. Heißt: Obwohl der ehemalige Welttorhüter ab 1. Januar 2022 der mächtigste Mann im Club ist, erhält Sportvorstand Salihamidzic in seinem Kernbereich viele Freiheiten – und somit einen großen Vertrauensvorschuss.
Uli Hoeneß und Kar-Heinz Rummenigge hatten in der Vergangenheit sportliche Entscheidungen gerne für sich beansprucht – und regelmäßig unterschiedliche Ansichten. Natürlich wird auch Kahn bei sportlichen Entscheidungen den Ton angeben, doch das Vorstandsmitglied lässt schon jetzt intern durchblicken, dass er sein Augenmerk vor allem auf das große Ganze richten möchte. Anders als Ex-Präsident Hoeneß war Vereinsoberhaupt Hainer selbst kein Profi-Kicker. Darum fehlt ihm ein Stück weit das fußballerische Fachwissen, was er aber mit seiner enormen wirtschaftlichen Expertise als ehemaliger Boss von adidas kompensiert, mit der er dem neuen Vorstands-Führungsduo stets mit Rat und Tat zur Seite steht.
Ein Grund, weshalb Salihamidzic künftig noch mehr sportliche Gesamtverantwortung trägt. Kein Wunder, dass es im Verein nach wie vor Überlegungen gibt, Chefscout Marco Neppe zum Technischen Direktor zu befördern, um Salihamidzics Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen.