Tennis-Profis sind sie beide – aber wie Jan-Lennard Struff und Alexander Zverev in ihren Beruf gefunden haben, das könnte kaum unterschiedlicher sein. BMW-Open-Finalist Struff galt nie als Naturtalent, sondern musste sich alles erarbeiten. Über zweit- und drittklassige Turniere kämpfte sich der 31-Jährige auf die vorderen Plätze der Weltrangliste. Seine Hartnäckigkeit und die Leidenschaft für den Wettkampf haben ihn inzwischen in den Fokus vieler deutscher Tennisfans gerückt. Doch bis dahin war es ein weiter Weg für den Vater eines zweijährigen Sohnes.
Alexander Zverev dagegen galt schon früh als Wunderkind, das die Tenniswelt erobern würde. Und lange Zeit schickte er sich auch an, die großen Hoffnungen zu erfüllen. Er gehört zu den Besten der Besten, konnte einige große Turniere gewinnen. Doch der ganz große Wurf ist dem 24-Jährigen bisher nicht gelungen, was für einen Tennisspieler mit seinen Anlagen nur Grand-Slam-Titel und/oder Platz 1 der Weltrangliste bedeuten kann.
Bei den BMW Open lobte Struff mehrmals das außergewöhnliche Talent seines Landsmanns. Seine Elogen klangen fast ehrfürchtig. Eine Ehrfurcht, die nach den BMW Open nicht mehr angebracht zu sein scheint. Vielmehr sollte der gerühmte Zverev sich auch mal intensiver mit Stuff beschäftigen und überlegen, ob er von ihm nicht noch etwas lernen kann. Wie zum Beispiel den eisernen Willen, sich zu verbessern. Mit Craig O’Shannessy hat Struff sich zum Beispiel einen Experten der Gegner-Analyse ins Team geholt, und er vertraut auf die Statistiken des Australiers. Oder die Körpersprache Struffs. Natürlich fliegt bei ihm auch mal aus Frust ein Schläger. Er verfängt sich allerdings fast nie in einer Negativspirale, sondern wird nach guten Punkten sofort wieder positiv, was sein Gegenüber natürlich mitbekommt.
Alexander Zverev hingegen flüchtet nach Rückschlägen immer wieder in den Schoß seiner Familie. Macht dann die Schotten für andere Impulse von außen dicht. Und an Tagen, an denen es nicht läuft wie gewünscht, mault Zverev gerne unentwegt während einer Partie. Das bleibt seinem Kontrahenten natürlich auch nicht verborgen. Mit jeder Faser seines Körpers scheint er in solchen Momenten zu sagen: Heute kannst du mich besiegen!
Es könnte sich daher lohnen, wenn Alexander Zverev bei Jan-Lennard Struff mal genauer zuhört. Nach dem Motto: Von Struffi lernen, heißt siegen lernen.
Daniel.Mueksch@ovb.net