DFB-Präsident Fritz Keller

Auf verlorenem Posten

von Redaktion

ARMIN GIBIS

Das Phänomen ist ja nicht ganz neu. Wenn Amt und Würden auf dem Spiel stehen, setzt bisweilen massiver Realitätsverlust ein. Das hat dann zur Folge, dass die in Bedrängnis geratene Person der Illusion erliegt, sie könnte irgendwie noch einen Ausweg finden. Bei Fritz Keller, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), drängt sich derzeit sogar der Eindruck auf, bei ihm handle es sich in dieser Hinsicht um einen besonders schweren Fall. Denn noch immer scheint der nunmehr bockig schweigende DFB-Chef darauf zu hoffen, sich seiner Widersacher und Kritiker erwehren zu können. Dabei befindet er sich längst auf verlorenem Posten.

Schon im permanenten Kleinkrieg mit seinem Generalsekretär Friedrich Curtius hatte Keller eine ziemlich unglückliche Figur abgegeben. Und spätestens seitdem er seinen Vizepräsidenten Rainer Koch mit einem ungeheuerlichen Nazi-Vergleich bedachte, war klar, dass der höchste deutsche Fußballfunktionär nicht mehr zu retten sein wird. Die einhellige Bewertung dieser Entgleisung lautete: unentschuldbar. Und als Keller trotzdem weiter keine Neigung zeigte, Konsequenzen zu ziehen, begehrten am Sonntag die Fußball-Landeschefs auf, entzogen dem DFB-Präsidenten (und auch Curtius) das Vertrauen, forderten ihn zum Rücktritt auf. Viel krachender kann eine Karriere wohl nicht zu Ende gehen. Seltsam nur: Keller macht immer noch keine Anstalten, seine Niederlage zu akzeptieren und das Feld zu räumen.

Dabei galt Keller noch vor eineinhalb Jahren als Hoffnungsträger des von Präsidentenstürzen und Führungskrisen schwer gebeutelten DFB. Mit dem gemütlichen Winzer und Gastronomen vom Kaiserstuhl schien man endlich eine solide, bodenständige Besetzung für die Präsidentenrolle im weltgrößten Sportverband gefunden zu haben. Doch Keller offenbarte alsbald, dass er ganz und gar nicht geschaffen war für dieses Amt. Dabei hätte es nach schweren Imageschäden (Sommermärchen-Affäre, Steuerermittlungen, Machtkämpfe) einer durchsetzungsfähigen, überzeugenden Führungskraft bedurft. Doch Keller fehlte die notwendige Autorität und Kompetenz, um eine Trendwende herbei zu führen.

Nun also blickt Fußball-Deutschland auf einen Scherbenhaufen. Und es stellt sich die Frage, wer fähig und bereit ist, ihn zu beseitigen. Keller wird es sicher nicht sein. Denn der ist jetzt schon ein Mann von gestern.

Armin.Gibis@ovb.net

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