Es wird einsam um den Präsidenten

von Redaktion

Kellers Rücktritt wohl unausweichlich – erstmals ein DFB-Chef vorm Sportgericht

München – Noch zögert DFB-Präsident Fritz Keller den unausweichlichen Rücktritt hinaus. die Nachfolgedebatte ist aber bereits in vollem Gange. Wie gelähmt wirkt der Deutsche Fußball-Bund nach dem eindeutigen Votum der Landeschefs gegen Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius vom Wochenende in Potsdam – die Meinungshoheit haben derzeit andere übernommen. Karl-Heinz Rummenigge und Philipp Lahm werden ins Spiel gebracht, auch die Politik mischt sich ein und fordert einen kompletten Neuanfang mit dem Aus auch für DFB-Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge.

Es werde Zeit, „dass der größte Fußball-Verband der Welt von jemandem angeführt wird, der aus dem Fußball kommt. Und darum lautet mein großer Wunsch, dass Karl-Heinz Rummenigge oder Rudi Völler auf Keller folgen“, schrieb Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus in seiner Kolumne bei Sky.

Wie schon bei den unrühmlichen Rücktritten von Kellers Vorgängern Wolfgang Niersbach („Sommermärchen“-Skandal) und Reinhard Grindel (unter anderem ein unlauteres Uhrengeschenk) steht der DFB vor den nächsten Trümmern eines vermeintlichen Neuanfangs. Sollte Keller zurücktreten, braucht es einen Präsidenten von Format, der sowohl das Amateur- als auch das Profilager hinter sich vereinen kann.

Der scheidende Bayern-Vorstandschef Rummenigge hatte schon in der Vergangenheit ausgeschlossen, für einen DFB-Job zur Verfügung zu stehen. Den mächtigen Länderchefs wäre der 65-Jährige nur schwer zu vermitteln. Vor drei Jahren hatte er in der Führungskrise des Verbands nach dem frühen WM-Aus in Russland erklärt, dass beim DFB die „Amateure das Geschehen übernommen haben“ und damals auch Koch verbal angegriffen.

Keller hat bis jetzt zu den Vorwürfen geschwiegen. Die Ethik-Kommission des DFB hat Keller nun aber vor das Sportgericht zitiert. Ein einmaliger Vorgang: Noch nie musste ein DFB-Präsident dort als Angeklagter erscheinen.

Sollte Keller zurücktreten, stehen seine Stellvertreter Koch und Peter Peters als Interimschefs laut Statuten bereit, doch Gewinner gibt es beim DFB in seiner nächsten Führungskrise nicht.

Aus Sicht von Dagmar Freitag wären nach dem Aus von Keller als Präsident, das für sie „unausweichlich“ hält, noch weitere Konsequenzen nötig. Die Landesverbände hätten als mutlos erwiesen, da sie mit den Rücktrittsforderungen an Keller und Curtius, der gestern seinen Rücktritt nicht mehr ausgeschlossen hat, nur einen halben Schritt gegangen seien, sagte die Sportausschuss-Vorsitzende im Deutschen Bundestag. Und weiter: „Koch und Osnabrügge bleiben schließlich unbehelligt, und wenn sie erneut die Strippen für den nächsten Neuanfang ziehen, ist das aus meiner Sicht alles andere als ein ermutigendes Zeichen.“  dpa

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