München – Können die Basketballer des FC Bayern die Saison mit einem ersten Titel veredeln? Am Samstag (16 Uhr/Magentasport) startet mit dem Halbfinale gegen Ulm das Unternehmen Pokal. Sportchef Daniele Baiesi (45) indes könnte auch ein Scheitern die Saison nicht trüben, wie er im Interview erklärt.
Nach den Euroleague-Festspielen wartet nun das Pokal-Top-4. Kommt noch Spannung auf
Absolut, das ist immer etwas Besonderes. Wir sind jetzt mitten in der Phase, für die du ein ganzes Jahr gearbeitet hast. Es geht um eine erste Trophäe. Und dazu kommt in diesen Zeiten etwas anderes. Wir haben den Leuten durch die Art, wie wir aufgetreten sind, einen Grund gegeben, an etwas zu glauben. Für mich ist das eine der größten Geschichten, die der deutsche Basketball je erlebt hat. Das wollen wir bestätigen.
Würde es der Saison Glanz nehmen, wenn es nicht zu einer Trophäe reicht?
Wir wären mit Sicherheit enttäuscht, keine Frage. Aber du musst schon im Auge behalten, was in den sieben Monaten zuvor passiert ist. In diesem schwierigen Jahr hat die Mannschaft schnell und gut eine Identität gefunden. Und sie hat in Europa ganz klar überperformt. Ich weiß nicht, ob das vielen so klar ist. Was jetzt noch passiert, wird an dieser Betrachtung nichts ändern. Dieses Jahr wird ein gewaltiger Meilenstein bei dem Versuch sein, eine lange Geschichte dieses Basketballclubs zu schreiben.
Interessant, dass diese Entwicklung genau nach einem Tiefpunkt kam.
Manchmal brauchst du einen Rückschlag, um ein gewaltiges Comeback zu feiern. Und wir hatten von Beginn an das Gefühl, dass wir wissen, was zu tun ist. Viele haben mich im Herbst mitleidig angeschaut, so etwas spürst du. Aber ich hatte ein gutes Gefühl, vor allem, weil ich gesehen habe, wie gut sich die Gruppe von diesem verrückten Italiener trainieren ließ. Man wusste, es ist viel Arbeit. Aber es passt einfach.
Der „verrückte Italiener“ ist Andrea Trinchieri, von dem sie in Bamberg lautstark geschieden sind . . .
Andrea und ich mögen in der Vergangenheit private Probleme gehabt haben, aber die haben wir privat gelöst. Den gegenseitigen professionellen Respekt haben wir nie verloren. Und: Die beste Entscheidung für den Verein ist auch die beste Entscheidung für mich. Und wissen Sie was: Er ist jetzt ein Teddybär verglichen mit dem, was er in Bamberg war.
Hat er sich verändert?
Ich glaube, er hat gelernt, was es bedeutet, Menschen zu verlieren. Dass du Beziehungen pflegen musst. Wenn er sich das bewahrt, wenn er geduldig bleibt, dann hat er Großes vor sich. Das ist in diesem Job nicht leicht. Auch deshalb bin ich nach dem Kaunas-Spiel, als die Playoff-Qualifikation feststand, so emotional geworden. Weil in dem Moment klar geworden ist, was für ein unglaublicher Job hier gemacht wurde. Und das hätte ich mit niemandem anderen genießen wollen als mit diesen Menschen, angefangen bei ihm. Und da brauchen wir nicht diskutieren: Ohne ihn wären wir nicht da, wir jetzt sind.
Das klingt nach der Basis für eine lange Beziehung…
Ein guter Freund sagte einmal: Wenn du einen Platz findest, an dem man dich respektiert, wechsele nie.
Fühlen Sie Respekt?
Im Club schon, deswegen haben wir die Zusammenarbeit soeben offiziell verlängert. Für das Vertrauen von Präsident Hainer und Geschäftsführer Marko Pesic in meine Arbeit bin ich sehr dankbar. Uns als Organisation fühle ich dagegen sehr oft nicht respektiert. Dabei, finde ich, haben wir doch vieles für ein höheres Interesse gemacht. So wie das Finalturnier im letzten Jahr organisiert, bei dem wir nur verlieren konnten, und jetzt das Top Four. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass das zurückgegeben wird. Im Gegenteil, uns wird fehlendes Fairplay vorgeworfen, weil unser Trainer an der Seitenlinie ein wenig ausflippt – weil er also im Sport Emotionen zeigt!
Sie sprechen von der ursprünglichen Ansetzung des Pokalfinals vor den Euroleague-Playoffs.
Eine absolut dumme Entscheidung, wie schon mehrfach gesagt. Aber es sind auch andere Sachen: Wie ein Clubmanager, der mich kritisiert, weil wir bei unserer Niederlage in Gießen Spieler geschont hätten. Unglaublich. Und dir wird dann von der Liga vermittelt: Sprich das besser nicht an, du könntest jemandem auf die Füße treten. Aber das wird nicht passieren. Ich werde nicht still sein.
Die Rufe, Euroleague-Vertretern das Leben zu erleichtern, verhallen seit langem ungehört.
Das mag sein, aber dann darf sich niemand wundern, wenn er mal aufwacht und feststellt: Wir haben ein Problem. Weil zwei Clubs einen eigenen Weg gehen. Das wäre dann unvermeidlich.
Interview: Patrick Reichelt