Werder: Große Leere, düstere Perspektive

von Redaktion

Die Bremer stehen vor einem schwierigen Neuanfang in der Zweiten Liga

Bremen – Als der erste Bundesliga-Abstieg seit 41 Jahren feststand, war es im Bremer Weserstadion mucksmäuschenstill. Für eine gefühlte kleine Ewigkeit hörte man nicht ein einziges Geräusch. Auch aus den Bereichen vor dem Stadion, wo einige hundert Anhänger mitgebangt hatten, drang kein Laut in die Arena, die schon so viele Fußball-Wunder erlebt und voller Ekstase gefeiert hatte. Der Absturz in die Zweite Liga kam für die Grün-Weißen nach einigen Jahren des sportlichen und wirtschaftlichen Niedergangs nicht überraschend – und traf den Club mit den meisten Erstligaspielen doch mit voller Wucht.

„Es herrscht eine große Leere“, sagte Werder-Legende Thomas Schaaf, der bei seiner einwöchigen Rettungsmission die leblose und sportlich nicht erstligataugliche Mannschaft auch nicht mehr auf Kurs bringen konnte. Mit kratziger und zum Teil auch brüchiger Stimme kommentierte der Interims-Nachfolger des eine Woche vor dem letzten Saisonspiel freigestellten Florian Kohfeldt den Abstieg. Über die Zukunft wollte der 60-Jährige in diesem Zustand tiefer Enttäuschung nicht reden. „Da habe ich jetzt keinen Bock drauf.“

Und doch werden sie zügig mit den Planungen für die erste Zweitliga-Saison seit 41 Jahren beginnen müssen. Die Zeit drängt, schon Ende Juli beginnt die neue Saison im Fußball-Unterhaus, das 2021/22 mit vielen namhaften Clubs wie dem Hamburger SV, FC Schalke 04, Fortuna Düsseldorf, 1. FC Nürnberg oder Hannover 96 gespickt sein wird.

„Es müssen jetzt schnell, aber auch sorgfältig Entscheidungen getroffen werden“, sagte Sportchef Frank Baumann, an dem sich nach der 2:4-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach die Fan-Wut entlud. „Baumann raus“-Rufe hallten von der Franz-Böhmert-Straße ins Stadion, wo der Ex-Profi mit blassem Gesichtsausdruck und leicht geröteten Augen nach Erklärungen und Zukunftsperspektiven rang.

Das Ziel ist klar. Es soll direkt zurück in die Erste Liga gehen. Doch eben das dürfte nicht einfach werden. Ein Abstieg kommt für einen Verein nie zu einem günstigen Zeitpunkt, doch Werder trifft er im schlechtestmöglichen Moment. Noch mitten in der Corona-Pandemie, die sämtliche Finanzreserven hat wegschmelzen lassen und den Club finanziell um das Überleben kämpfen lässt.

Bis Ende Juni müssen Transfererlöse her, sonst droht der Abzug von sechs Punkten, weil die Lizenz nur unter Bedingungen erteilt wurde. Das Ziel Wiederaufstieg wäre dann bereits vor dem Saisonstart eine Illusion. Das Problem: Wer aus dieser Mannschaft, die aus den letzten zehn Spielen nur einen Punkt holte, soll wirklich großes Geld bringen? Es wartet also eine Herkulesaufgabe auf alle Beteiligten, weshalb die Verantwortlichen auch ausschließen, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen. „Weil ich davon überzeugt bin, dass ich in der jetzigen Situation der richtige Mann für Werder Bremen bin“, sagte Baumann. „Wenn der Aufsichtsrat zu der Entscheidung kommt, dass auf meinem Posten eine Veränderung sinnvoll ist, dann werde ich dem nicht im Wege stehen. Ich bin aber davon überzeugt, dass ich in dieser schwierigen Situation die richtigen Entscheidungen treffen kann.“

Auch Aufsichtsratsboss Marco Bode kündigte an, im Amt zu bleiben. „Ich werde jetzt nicht davonlaufen und werde Verantwortung übernehmen und das in diesen Tagen aushalten“, sagte Bode. An Baumann will er grundsätzlich festhalten, allerdings müsse die Situation erst noch genau analysiert werden.

Und so wird Baumann die Planungen in Angriff nehmen. Zunächst gilt es, einen neuen Trainer zu finden. Bis „Ende Mai, spätestens in den ersten Juni-Tagen“ will Baumann eine Lösung präsentieren. Danach geht es an die Planung des Kaders, in dem alle Spieler mit Ausnahme von Davie Selke, Niklas Moisander und Theodor Gebre Selassie auch Verträge zu stark reduzierten Bezügen für die Zweite Liga haben. dpa

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