Rummenigge zieht sich zurück

Der logische Schritt – und große Fußstapfen

von Redaktion

DANIEL MÜKSCH

Nun geht es plötzlich doch schneller als gedacht: Karl-Heinz Rummenigge geht zum 31. Juni. Oliver Kahn übernimmt. Ein halbes Jahr früher als gedacht.

Die Erklärungen aller Beteiligten zeugen von großem Respekt und Anerkennung. Böses Blut können selbst argwöhnische Geister da nicht herauslesen. Allerdings kommt eine Eigenschaft des neuen starken Mannes beim FC Bayern zwischen den Zeilen zum Vorschein, die ihn schon als aktiven Fußballer ausgezeichnet hat: Ungeduld. Der Titan hat genug im Schatten Rummenigges gelernt, hat – um im Fußball-Jargon zu bleiben – sich mehr als ausreichend an der Außenlinie warm gemacht und will jetzt endlich eingewechselt werden. Und Rummenigge? Durchaus vorstellbar, dass er entgegen öffentlicher Beteuerungen noch mal als DFB-Präsident auf die ganz große Bühne zurückkehrt. Ein Macher bleibt eben doch immer ein Macher.

Aber unabhängig von persönlichen Karriereplänen ist die vorgezogene Zepterübergabe bei den Bayern plausibel und nachvollziehbar. Gerade in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten brauchen Geschäftspartner klare Ansprechpartner. Zuständigkeiten müssen eindeutig geregelt sein. Das sind sie jetzt, macht die Aufgabe für Kahn jedoch auch nicht leichter. Zwar konnte Karl-Heinz Rummenigge nie in der Fangunst mit Uli Hoeneß mithalten, dennoch trug er in seinen 30 Jahren im Management entscheidend zur Erfolgsgeschichte des Clubs bei. Besonders auf europäischer und globaler Ebene.

Die Beibehaltung der Balance zwischen regionaler Verwurzelung und internationaler Topmarke wird eine von Kahns Hauptaufgaben sein. Dafür stand kaum jemand so wie der scheidende Vorstandsvorsitzende. Er war der rote Chefdiplomat mit Amtssitz an der Säbener Straße. Kahn muss seine Diplomatenfähigkeit erst noch unter Beweis stellen. Auf der anderen Seite wird Kahn allerdings auch seinen eigenen Weg finden und seine eigene Identität in der Verantwortung entwickeln müssen. Gut vorstellbar, dass der 51-Jährige sich zum Beispiel die „Abteilung Attacke“ schnappen wird. Rummenigge hat diesen Part die meiste Zeit dem modernen FC-Bayern-Erfinder Uli Hoeneß überlasssen. Auch weil emotionale Eruptionen nicht in der kontrollierten Art des gebürtigen Westfalens verankert sind.

Kahn kann man sich schon eher als lautstarken Bewahrer des Mia-san-Mia-Gefühls vorstellen.

Daniel.Mueksch@ovb.net

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