Herzogenaurach – Ihr EM-Trainingslager haben die 19 Schiedsrichter-Teams aus 14 Nationen schon Mitte Mai vier Tage lang in Istanbul absolviert. Mit dabei: Die deutschen Referees Felix Brych und Daniel Siebert. Die Uefa-Nominierung des 37-jährigen Siebert ist dabei eine echte Überraschung.
Denn der Berliner gehört noch gar nicht zur Elite-Kategorie der europäischen Schiedsrichter. Entsprechend riesig war die Freude, als er davon erfuhr. „Es fühlt sich an wie ein Traum.“ Auffällig, dass die Uefa die drei höher als Siebert gerankten deutschen Unparteiischen Deniz Aytekin, Tobias Stieler und Felix Zwayer nicht für die EM nominierte. Siebert hat die erfahrenen Kollegen sozusagen rechts überholt.
Auch im DFB ist Sieberts Stellenwert stark gestiegen. Unter anderem leitete er Anfang April das Spitzenspiel RB Leipzig gegen Bayern München souverän. DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich sagt der Frankfurter Rundschau: „Die Uefa hat schon zur Jahreswende signalisiert, dass Daniel Siebert in die Topklasse aufsteigt, wenn er sein Leistungsniveau hält.“ Dadurch sei Siebert besonders ins Blickfeld geraten und habe mit „sehr starken Leistungen“ in europäischen Wettbewerben und bei internationalen Topspielen auf sich aufmerksam gemacht. „Er wird bei der Uefa sehr geschätzt und gilt als Referee mit großer Zukunft.“
Enttäuschung in Russland
Felix Brych wird dagegen sein letztes großes Turnier erleben, ehe der 45-Jährige die Altersgrenze erreicht. Für den Weltschiedsrichter 2017 ist die EM 2021 auch eine Chance, die Enttäuschung der WM 2018 in Russland endgültig zu überwinden. Seinerseits hätte der Münchner aufgrund des frühen Ausscheidens der deutschen Mannschaft in der Vorrunde weit kommen können. Doch schon nach einem einzigen Einsatz war Schluss.
Brych hatte das Spiel der Schweiz gegen Serbien geleitet. Weil er den Serben einen Elfmeter verweigerte, den man geben konnte, aber nicht geben musste, war er wüst beschimpft worden. Serbiens Trainer Mladen Krstajic leistete sich eine besonders böse verbale Entgleisung gegen Brych: „Ich würde ihn nach Den Haag schicken“, erregte sich der Coach, „damit sie ihm den Prozess machen, wie sie ihn uns gemacht haben.“ Damit setzte Krstajic den Unparteiischen mit Kriegsverbrechern gleich, die vom Tribunal in Den Haag verurteilt werden.
Der ehemalige Bremer Verteidiger kam mit einer milden Fifa-Strafe von 5000 Schweizer Franken davon, Brych musste auf Geheiß des Weltverbandes vorzeitig abreisen. Er sprach von einer „herben Enttäuschung“. Seine schwerste Zeit als Schiedsrichter erlebte Brych indes, als er im Herbst 2013 das Phantomtor des Leverkuseners Stefan Kießling in Hoffenheim übersah. „Was danach über mich hereingebrochen ist, wünsche ich niemandem“, sagte er dieser Tage dem „Kicker“, „aber diese heftige Kritik hat mich stärker gemacht.“
Zuletzt pfiff Brych das DFB-Pokalfinale in Berlin. Er liegt mit 300 Einsätzen in der Bundesliga auf Rang drei hinter den Ex-Fifa-Referees Wolfgang Stark und Markus Merk. sid