Herzogenaurach – „Adi, stoll’ auf.“ Der Satz ist Fußballgeschichte. Er war die Anweisung von Bundestrainer Sepp Herberger an Zeugwart Adi Dassler vor dem WM-Finale 1954 von Bern. Regen im Juli (Fritz-Walter-Wetter) hatte den Rasen schwerer gemacht. Dafür hatte Adi Dassler spezielle Stollen im Materialkoffer. Der Schuhtüftler, Gründer und Chef von Adidas diente dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Daran erinnert man sich in den Tagen, in denen die Nationalmannschaft der Jetzt-Zeit sich auf die Europameisterschaft vorbereitet – bei Adidas in Herzogenaurach.
Allerdings: 1954 gab es noch keine vertragliche Bindung zwischen Verband und Ausrüster. Beim „Wunder von Bern“ trugen die Spieler zwar Schuhe aus der Fabrikation von Dassler, die Trikots allerdings waren von der heute nicht mehr existierenden Marke Leuzela, hergestellt von der Pfullinger Firma G. & A. Leuze. Erst 1971 kam Adidas so richtig an den DFB heran. Bei der WM 1970 in Mexiko war der Ausstatter der deutschen Mannschaft noch Umbro aus Großbritannien gewesen.
Das, wie man heute sagen würde, „Branding“ unterlag dann über 30 Jahre sehr strengen Richtlinien. Auch wer im Verein Puma-Kicker war, musste beim DFB Adidas tragen (oder umdekorierte Puma-Treter). Erst nach der WM 2006 verlor Adidas die Hoheit über das Schuhwerk. Die Spieler setzten freie Schuhwahl durch.
Wichtig für die Firma blieb das Geschäft mit den Trikots. Während der WM 2014 in Brasilien setzte Adidas drei Millionen Deutschland-Trikots ab, vor allem das gestreifte, eine Hommage an den Club Flamengo Rio de Janeiro, wurde zum Hit.
Wäre die Nationalmannschaft auch in anderen Trikots als denen von Adidas vorstellbar? Warum nicht? Oliver Bierhoff, der 2004 beim DFB einstieg, hatte als Spieler einen Vertrag mit Nike und überbrachte auch ein Angebot des US-Riesen. Für acht Jahre (begonnen hätte der Zeitraum 2011) wäre ein Paket mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro geschnürt worden. Adidas konnte die Attacke aus Amerika abwenden, der aktuelle Kontrakt läuft bis 2026.
Dass Adidas nun sogar das DFB-Turnier-Quartier stellt und zum „Home Ground“ wird, ist der ultimative PR-Coup. Vom Aufziehen der Stollen zum Hochziehen einer Hotelanlage. GÜNTER KLEIN