Köln – Alfons Hörmann geht in die Offensive: Der angezählte Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird sich in der Briefaffäre wie seine Präsidiumskollegen einer Vertrauensabstimmung stellen, einer Empfehlung der unabhängigen Ethik-Kommission folgend. Ob es wie angeraten auch zu Neuwahlen kommen wird, ist allerdings offen. Sollte es dem Frontmann des Dachverbandes nicht gelingen, verlorenes Vertrauen zurückzuerobern, droht Hörmanns Ära nach acht Jahren zu enden.
„Zum Wohl des deutschen Sports soll diese (Vertrauensfrage/Red.) zeitnah und unmittelbar nach den Olympischen und Paralympischen Spielen in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung umgesetzt werden“, teilte der DOSB mit. Diesen Vorschlag wird das Präsidium den Mitgliedsorganisationen in den anstehenden Konferenzen unterbreiten.
Der Präsidiumsbeschluss sei „nicht einstimmig“ gewesen, erklärte DOSB-Sprecher Michael Schirp: „Jonathan Koch hat sich dem nicht angeschlossen. Der Athletenvertreter hatte sich bereits Mitte Mai von einer Erklärung des siebenköpfigen DOSB-Präsidiums distanziert, in der Hörmann das „uneingeschränkte Vertrauen“ ausgesprochen worden war.
Es könnte ernst werden für Hörmann, der Ende 2013 sein Amt angetreten hatte. Dem 60-Jährigen, früher Chef des Skiverbandes DSV, waren in einem anonymen Brief mangelnde Führungsqualitäten („Kultur der Angst“) vorgeworfen worden. Von fehlendem Respekt und Fair Play gegenüber Verbandsangestellten war die Rede.
Der DOSB hatte daraufhin die Ethikkommission unter Vorsitz von Ex-Innenministers Thomas de Maizière um Aufklärung und eine Bewertung gebeten. Die Kommission riet der DOSB-Spitze zur Vertrauensfrage in Form von Präsidiumsneuwahlen.
Hörmann und Co. wählten einen anderen Weg. Die Abstimmung nach den beiden Großereignissen soll offenbar das Tempo erhöhen und für klare Verhältnisse sorgen. Fällt diese für den DOSB-Chef und seine Kollegen negativ aus, wären Neuwahlen spätestens bei der ordentlichen Mitgliederversammlung im Dezember unausweichlich.
Fällt die Umfrage positiv aus, darf sich Hörmann dennoch nicht sicher sein. Sollte er in seiner „Bewährungszeit“ rückfällig werden und in alte Führungsmuster verfallen, könnte der Ruf nach einer neuen DOSB-Spitze schnell wieder laut werden.
Jene Mängel in puncto Menschenführung hatten die Ethiker bei Hörmann festgestellt, sie kamen zum Ergebnis, dass es auch an ihm liege, „zukünftig seinen Führungsstil so zu verändern, dass der Geist von Respekt und Wertschätzung klarer bei Dritten, insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erkennen ist“. Es könne mit so unterschiedlicher Beurteilung der handelnden Personen und der gelebten Strukturen „in dieser Art nicht weitergehen“.
IOC-Präsident Thomas Bach drückte als DOSB-Ehrenpräsident seine „Sorge“ um die Glaubwürdigkeit und Funktionsfähigkeit des deutschen Sport-Dachverbandes aus. Er forderte womöglich auch personelle Konsequenzen. sid