Herzogenaurach – man hat schon einiges gehört über diese Stadt. Kein Bahnhof, dennoch weltberühmt. Wegen Adidas. Wegen Puma. Und für Anleger: auch wegen Schaeffler (Automobilzulieferer). Doch vor allem die beiden Sportartikel-Größen dominieren das Bild. Es gibt eine Adi-Dassler-Straße und eine Rudolf-Dassler-Straße. Ein Adidas-Outlet mit Parkhaus und ein Puma-Outlet mit Parkhaus. Es muss eine besondere Zerrissenheit spürbar werden – wie zwischen Garmischern und Partenkirchnern. Wie zwischen katholisch und protestantisch. Kommt es in Herzogenaurach zu Mischehen?
Tatsächlich nimmt man Herzogenaurach mit seinen knapp 24 000 Einwohnern über seine Glaubensausrichtung wahr. Der Blick des Fremden richtet sich folglich erst einmal auf den Boden: Welches Schuhwerk wird getragen? Dann müsste man gleich wissen, wo die betreffende Person arbeitet.
Und ja: Es gibt sie, die durchgängig Uniformierten. Vor der Bushaltestelle bei Puma: eine Raubtierarmee. Der Reporter dieser Zeitung trägt leichtfertigerweise auffällig blaue Turnschuhe mit drei Streifen, ein Outlet-Schnäppchen von 2017. Schritt beschleunigen, vorbeihuschen. Doch dann diese überraschende Szenerie: Eine Mutter (Adidas) lädt ihr Kind (Puma) ins Auto ein. Und auf Scootern flitzen ein paar Halbwüchsige vorbei – sie tragen Nike. Ist amerikanisch, hat aber – warum auch immer – in Herzogenaurach zwischen die beiden Platzhirsche ein „Factory Outlet“ hingestellt. Es wird viel „ausgelassen“ hier: Auch Levis, Mustang, Champion, Superdry und Ellesse tun so, als wären sie hier in Franken zu Hause.
Als EM-Reporter darf man – weil unsere Mannschaft dort residiert – ins Allerheiligste von Adidas. Frage, die sich ernsthaft stellt: Was zieht man an? Was mit drei Streifen – es wäre anbiedernd. Was vom Wettbewerber? Hm, wäre der Corona-Schnelltest, den wir für den Einlass machen müssen, am nächsten Tag noch negativ? Oder würde das Nasen-Stäbchen bis ins Hirn gerammt?
Einfach keinen Kopf machen. Wie Uli Köhler, der nicht alternde Sky-Frontmann. Da steht er schon, in der Sonne, vor dem markanten Adidas-Headquarter. Er trägt ein Shirt von Puma. Er darf das, er ist der coolste Typ der Welt. Uli Dassler. GÜNTER KLEIN