Fehler, die Politiker in Krisenzeiten machen können, in denen das Engerschnallen des Gürtels gepredigt wird: sich selbst die Diäten erhöhen. Und mit der Zange dem eigenen Gürtel ein weiteres Loch für den lockereren Sitz hinzufügen.
Fehler, die der Fußball machen kann: In Zeiten, in denen durch die Umstände bedingt die Einnahmen rückläufig sind und mancherorts Staatshilfe in Anspruch genommen wurde, Rekordzahlen bei der Entlohnung aufzurufen. In Vereinen werden Verträge abgeschlossen, die ignorieren, dass es eine Pandemie gegeben hat (und noch gibt), und in der Nationalmannschaft wird eine Prämie aufgerufen, wie sie in dieser Dimension noch nie vorkam: 400 000 Euro pro Spieler sollen für den EM-Titel bezahlt werden. 33 Prozent mehr als vor fünf Jahren.
Wenn sie also bis 11. Juli im Turnier bleiben und das Finale gewinnen, werden die deutschen Spieler inklusive Seefelder Trainingslager einen Aufwand von sechs Wochen gehabt haben. Die Monatsgage, die sich sich daraus ergibt, werden die Gutsituierten im Kader als Zubrot deklarieren, für Christian Günter aus Freiburg hingegen wäre es ein außerplanmäßiger Batzen Geld und ein greifbares Bausparer-Glück. Ob 400 000 also eine irrsinnige Entlohnung sind, ist eine Frage der Perspektive.
Jedenfalls werden Verhandlungen um Turnierprämien nicht mehr mit einer Verbissenheit geführt wie zu einer Zeit, die wir im Rückblick verklären: Vor der WM 1974 drohten die späteren Weltmeisterhelden mit Abreise. Ihnen wurden letztlich 60 000 D-Mark plus ein VW Käfer zugesichert. Im Kontext der damaligen Gehälter mehr als 400 000 Euro heute. In der Jetzt-Zeit kann man es auch als angenehme Grundhaltung empfinden, dass Spieler vieles daran setzen, um für ihre Auswahlmannschaft spielen zu dürfen, es gab Generationen, in denen Topstars sich auf ihre Clubs konzentriert haben (Bernd Schuster in den 80ern, Stefan Effenberg in den 90ern). Einige der DFB-Kicker 2020/21 betreiben auch Stiftungen oder spenden, etwa an „Common Goal“.
Ein gutes Signal ist eine höchste Prämie aller Zeiten dennoch nicht. Doch vielleicht verzichtet der DFB-Kader auf die höchste Auszahlungsstufe. Indem er nicht Europameister wird.