Die Lehren aus einer Marathon-Saison

von Redaktion

Bayern-Trainer Andrea Trinchieri ahnt, dass er „vieles anders machen muss“ – Die Gedanken sind bei Paul Zipser

VON PATRICK REICHELT

München – Als die Schlusssirene dieser langen Saison dann doch endlich ein Ende gesetzt hatte, da war der Basketball für Andrea Trinchieri schnell ganz weit weg. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern verschwand für einen kurzen Moment aus dem Innenraum des Audi Dome. Als er wieder kam, hatte er sich ein Trikot von Paul Zipser übergestreift. Gleiches hatten zuvor schon jene Spieler getan, die diese alles entscheidende 79:86-Niederlage im vierten Finale gegen Alba Berlin nur als Zuschauer erlebt hatten.

„Es ist für mich schwierig, überhaupt darüber zu reden“, sagte Trinchieri wenig später mit zitternder Stimme, „eigentlich ist es unglaublich, wie wir diese Situation gemeistert haben.“ Zipser hatte sich am Tag des Finalauftakts wegen einer Gehirnblutung einer Notoperation unterziehen müssen. „Nichts ist jetzt wichtiger, als dass Pauli wieder gesund wird und in sein normales Leben zurückkehren kann“, sagte Trinchieri.

Trotz des Dramas um Zipser und rapide dahinschwindender Kräfte hatte sich seine Mannschaft aufopferungsvoll durch die Finalserie gekämpft. War selbst am Sonntag bis wenige Sekunden vor dem Ende im Rennen geblieben und hatte sich am Ende doch dem Meister beugen müssen, der im Saisonendspurt die größeren Reserven hatte. Während die Spieler um Kapitän Nihad Njedovic („Wir haben alles gegeben, es ist bitter“) tiefen Frust schoben, kam bei den Verantwortlichen vor allem Stolz. Auch bei Manager Daniele Baiesi: „In den letzten zehn Tagen ist aus dieser großartigen Saison eine unvergessliche geworden.“

Und auch wenn der Finaltag nicht die Zeit für große Ausblicke ist, wagte die Erfolgscrew zumindest vorsichtige Blicke nach vorne. Die Macher werden bleiben, auch die Unterschrift des Trainers unter einem neuen Vertrag für zwei weitere Jahre ist nur noch eine Frage von Tagen, wie er am Sonntag noch einmal betonte. In der Mannschaft dagegen wird Bewegung kaum zu vermeiden sein, wie Baiesi andeutete. Einige Eckpfeiler wie Vladimir Lucic, der derzeit verletzte Nick Weiler-Babb , Zan Mark Sisko oder Jalen Reynolds haben zwar noch Vertrag. Doch: „Ich fürchte, dass einzelne Spieler für uns außer Reichweite geraten sind“, sagte Baiesi, „sie waren einfach zu gut.“ Das dürfte vor allem auf Wade Baldwin gemünzt gewesen sein, der die Bayern gerade in der Euroleague durch so manches Spiel trug.

Aber auch unabhängig von den offenen Personalien muss sich der Münchner Kaderschmied wohl auf einige Arbeit einstellen. Man will auch Schlüsse aus dem Spiele-Marathon dieser Saison ziehen. „Ich habe zum ersten Mal 90 Spiele gemacht“, sagte Andrea Trinchieri, „und ich habe gelernt, dass ich viele, viele Dinge anders machen muss.“ Zu erwarten ist, dass sich die Bayern vor allem im Bereich der Spieler mit deutschem Pass breiter und besser aufstellen. In diesem Jahr hatten sie neben den etablierten Kräften wie Djedovic, Leon Radosevic und Paul Zipser vor allem auf Nachwuchsspieler gesetzt. Doch alleine Djedovic fiel monatelang aus. Das war ein Stück Qualität, das vor allem im nationalen Betrieb, wo die Zahl der ausländischen Profis im Kader auf sechs limitiert ist, fehlte.

Doch die Planung wird ein bisschen warten müssen. Nach der Final-Niederlage wollte auch Baiesi nur möglichst schnell weg. Und das hatte sogar viel mit Basketball zu tun, wie er sagte: „Nach 90 Spielen habe ich erst einmal genug.“

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