GLOSSE

Das Ticket schrumpft zur Bordkarte

von Redaktion

Was man nie wegwirft, sondern hütet wie einen Schatz: ein EM- oder WM-Matchticket. Prunkstücke aus dickem Karton, unverwüstlich, groß wie Geldscheine mit unanständig hohem Wert, das Turnierlogo mit der Autorität eines Wasserzeichens.

Und nun: große Ernüchterung 2021. Das Ticket (ja, auch akkreditierte Journalisten brauchen noch extra eine Platzkarte) ist geschrumpft. Es sieht aus und liegt in der Hand wie der Abriss einer Bordkarte, die achtlos in der Brusttasche des Reisehemdes verschwindet und vergessen wird. Und tatsächlich musste man es auch aus einem Automaten ziehen, statt es wie bislang von einem lächelnden Volunteer-Menschen entgegenzunehmen. Corona-Vorschriften, Kontaktreduzierung und so weiter.

Doch es bestehen Zweifel, ob die wunderbaren bunten Karton-Tickets jemals wiederkehren. Denn der Trend geht zur Schonung von Ressourcen und zur Digitalisierung, die Eintrittsberechtigung wird auf dem Smartphone gespeichert. Am Dienstagabend in München haben wir die ersten papierlosen Zuschauer gesehen. Handy gezückt, gescannt worden, drin!

Für die Kartensammler, die nach Spielen vor dem Stadion stehen und versuchen, gebrauchte Tickets abzugreifen, eine furchtbare Entwicklung. Verbrauchte QR-Codes werden sie wohl nicht wollen. Mit jedem QR-Code stirbt der Fußball. GÜNTER KLEIN

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