Portugals Angst vor den Deutschen

von Redaktion

Cristiano Ronaldo erlebte vier bittere Niederlagen gegen DFB-Team – Spezialist Schweinsteiger

VON GÜNTER KLEIN

München – Arne Friedrich hatte die Seiten gewechselt. 2010 noch Nationalspieler, war er bei der WM 2014 als Experte fürs chinesische Fernsehen in Brasilien dabei. Die deutsche Mannschaft hatte ihr Eröffnungsspiel gegen Portugal zu bestreiten, das TV-Team, das Friedrich begleitete, hegte Zweifel, ob das DFB-Team gegen Cristiano Ronaldo bestehen könnte. Arne Friedrich erklärte seinen Kollegen aus Fernost kurz und gelassen: „Keine Angst. Jerome macht den weg.“

Und so kam es: Jerome Boateng spielte in der Abwehr rechts, er beherrschte den portugiesischen Superstar. Das 4:0 der Deutschen bei ihrem Eröffnungsspiel im glühend heißen Salvador war ein Meisterstück, das ihre Anwartschaft auf den WM-Titel untermauerte. Thomas Müller agierte als Mittelstürmer, bis zur 37. Minute hatte er in Pepe, auf den er nun wieder treffen kann, einen hartnäckigen Sachbearbeiter – dann sah Portugals Abwehrfiesling Rot. Müller erzielte drei Treffer, Mats Hummels einen. Seitdem haben Portugal und Deutschland nicht mehr gegeneinander gespielt.

Portugal liegt den Deutschen. Sie haben in diesem Jahrtausend nur einmal verloren, bei der für sie desaströsen EM 2000. Das letzte (Gruppen-)Spiel endete aus DFB-Sicht 0:3. Ein Tiefpunkt, der immerhin zur Neukonzeptionierung in der Nachwuchsarbeit führte. Neidisch sah man im Rotterdamer Stadion „De Kuip“, wie überlegen die zweite Garnitur der bereits fürs Viertelfinale qualifizierten Portugiesen der besten deutschen Elf war. Danach gab es nur deutsche Feiertage, Portugal flankierte den Erfolgsweg der deutschen Nationalmannschaft.

WM 2006: Spiel um Platz drei gegen Portugal. Ein unbeschwerter Abend, der das Land aus seiner Schockstarre nach dem gegen Italien verlorenen Halbfinale löst. Tausende Fans belagern das Hotel, Bundestrainer Jürgen Klinsmann schaut fasziniert auf die Menge: „Die Schwaben.“ Er lässt alle aus dem Kader spielen, die zuvor stillgehalten hatten, Oliver Kahn kommt so zu seinem großen Abschied. Der junge Bastian Schweinsteiger versenkt zwei Fernschüsse hinter Torwart Ricardo. Endstand 3:1.

EM 2008: Auftritt von Hansi Flick. Der noch unbekannte Assistent von Joachim Löw muss im Baseler St. Jakobs-Park das EM-Viertelfinale coachen, weil sein Chef von der UEFA nach Auseinandersetzung mit dem Vierten Offziellen für dieses Spiel gesperrt wurde. Löw qualmt in einer Loge, Flick coacht das Team zum 3:2 gegen eine Superstar-Truppe um Cristiano Ronaldo und Brasiliens Weltmeistertrainer Scolari. Der Taktikkniff ist, dass Bastian Schweinsteiger einen verkappten Mittelstürmer abgibt. Wieder schockt er Ricardo mit zwei Treffern. Nach dem 3:2 Fete mit den Fans. Sommermärchen reloaded.

EM 2012: Im ukrainischen Lemberg steigt die DFB-Vertretung mit einem 1:0-Sieg über Portugal ins Turnier ein. Mehr Stoff als die 90 Minuten liefert eine Bemerkung des ARD-Experten Mehmet Scholl, der in seinem Fazit der ersten Halbzeit (0:0) sagt, er habe Angst, „dass Mario Gomez sich wund liegt“. In der 72. Minute erzielt Mittelstürmer Gomez das Siegtor, doch der Scholl-Spruch hängt ihm nach und belastet seinen weiteren EM-Verlauf.

Immer was geboten rund um Deutschland – Portugal. Sollte auch am Samstag so sein. Tradition verpflichtet.

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