München – Die deutsche Dreierkette funktioniert. Endlich! Beim 4:2-Sieg gegen Portugal sorgten vor allem die beiden Flügelläufer Robin Gosens und Joshua Kimmich für die nötige Durchschlagskraft im Spiel nach vorne. Das beweisen auch die sogenannten „Spieler-Heatmaps“: Sie zeigen, dass sowohl Gosens als auch Kimmich im zweiten Gruppenspiel deutlich offensiver agierten (Grafiken oben) als das gegen Frankreich der Fall war (Grafiken unten). Ebenfalls auffällig: Vor allem Torschütze Gosens drang häufig in den gegnerischen Strafraum ein – wie bei seinem Kopfballtreffer zum zwischenzeitlichen 4:1.
Joshua Kimmich (26) bezeichnet sich als „Joker“. Robin Gosens (26) nennt sich „Schienen-Spieler“. Der DFB-interne Sprachgebrauch für die Außenbahn-Positionen im 3-4-3-System von Bundestrainer Joachim Löw ist zwar unterschiedlich, auf dem Platz haben Kimmich und Gosens allerdings den gleichen Arbeitsauftrag: das Offensivspiel der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft über die Flügel beleben und für ordentlich Druck nach vorne sorgen. So wie beim 4:2-Sieg der DFB-Elf gegen Portugal.
Während das Flügel-Duo im ersten Gruppenspiel gegen Weltmeister Frankreich zur Defensivarbeit gezwungen war, wie anhand der Spieler-Heatmap gut zu erkennen ist, hielt sich das DFB-Duo im zweiten Gruppenspiel hauptsächlich im letzten Angriffsdrittel auf.
„Das war natürlich unser Ansinnen und unser Plan, dass wir gerade über die Außenpositionen für mehr Gefahr sorgen“, sagte der Bundestrainer nach dem ersten Turnier-Erfolg seiner Mannschaft und erklärte: „Beide haben bewusst höher gespielt in der Offensive als gegen Frankreich. Deswegen sind wir oft in den Rücken der Abwehr gekommen, mit sehr guten Pässen da rein, mit Spielverlagerungen. Deshalb waren wir gefährlicher.“
Was die Heatmap ebenfalls zeigt: Während sich Kimmich gerne am Sechzehner-Eck und im Halbfeld davor aufhielt, um seine gefürchteten Chip-Bälle bei den Mitspielern anzubringen, war Gosens häufig im gegnerischen Strafraum präsent. „Beide haben das supergut gemacht: Kimmich und Gosens in der Torvorbereitung. Und bei Robin Gosens weiß man, dass er Stärken im Abschluss hat, wenn er im gegnerischen Sechzehner ist. Das war sicher ein wichtiger Aspekt, um so Druck zu machen“, lobte Löw seine Flügelspieler.
Im entscheidenden Gruppenspiel gegen Ungarn (Mittwoch, 21 Uhr, ARD und Magenta TV) sollen Kimmich und Gosens erneut für die deutsche Offensiv-Power sorgen. Mittelfeldspieler Leon Goretzka (26) sieht im System mit Dreierkette nicht offensive, sondern auch defensive Vorteile. Denn in der Rückwärtsbewegung wird die Dreier- schnell zur Fünferkette. Goretzka: „Es ist schon so, dass du bei einer Fünferkette aufgrund der drei Innenverteidiger eine automatisch gute Kontersicherung hast, wenn du im Mittelfeld noch mindestens einen vor den letzten Positionen hast. Das ist ein großer Pluspunkt.“
Vor allem die Konter-Absicherung der DFB-Kicker wird ein wichtiger Aspekt gegen die tief stehenden Ungarn sein, die mit neun Mann am eigenen Strafraum verteidigen werden. „Die Ungarn haben das in den zwei bisherigen Spielen sehr gut gemacht, auch gegen Portugal. Den Abwehrriegel muss man erst mal knacken. Wir sind hochmotiviert und werden Lösungen finden“, kündigt Goretzka an. Die Flügelläufer Kimmich und Gosens könnten eine sein.