EM-Stimmung

Den Zweiflern zum Trotz

von Redaktion

VON MAXIMILIAN BÜLAU

Nein, diese EM stand unter keinem guten Stern. Die pandemiebedingte Verlegung hat der ohnehin schon vorhandenen, stetig wachsenden Skepsis angesichts einer Europameisterschaft in elf Ländern zwar kein weiteres Futter gegeben, sie hat aber auch nicht zu einer Steigerung der Vorfreude beigetragen. Ebenso wenig die Einschränkungen, die dieses gemeinsame Erlebnis eines großen Turniers verändern, das Jubeln und Feiern mit fremden Menschen verhindern. Das alles in einen Topf geworfen, ergab eine eher fade Suppe des Zweifelns.

Zerstückelung und Größenwahn. Wie soll da überhaupt EM-Stimmung aufkommen? Warum sollen Fußballer in dieser Zeit tausende Kilometer im Flugzeug zurücklegen? Die Idee einer europäischen Elite-Liga der Superreichen und die ständig wachsende Kommerzialisierung dieses doch so geliebten und eigentlich einfachen Sports, trugen ihren Teil zur Skepsis bei. Und natürlich geht mit dem Ende der Vorrunde das große Reisen erst so richtig los. Um mal in Glasgow, dann in Rom, erst in Kopenhagen, dann in Baku zu spielen.

Mittlerweile aber zeigt sich: Diese EM macht trotzdem Spaß. Auch, weil sie etwas Besonderes ist. Sie funktioniert nicht wegen des Verbandes, der Uefa. Sie funktioniert nicht, weil Michel Platini als deren Präsident 2012 eine gut durchdachte Idee hatte. Sie funktioniert aus anderen Gründen. Weil Heimspiele für mehr als eine Mannschaft ihren Reiz haben. Wenn Italiener von ihren Italienern begeistert sind, Niederländer von ihren Niederländern – auch ohne 4-3-3.

Als mehr als 60 000 Ungarn ihre Nationalmannschaft zu einem 1:1 gegen Frankreich getrieben haben, war das aus Pandemiesicht fragwürdig. Aus sportlicher Sicht war es begeisternd. Es sind auch Überraschungen, die diese EM ausmachen. Frankreich, Spanien, England – Favoriten stolpern, überzeugen nicht. Neue Titelanwärter machen sich bereit.

Mittendrin die deutsche Mannschaft. Schwer einzuordnen. Sie hat mäßig begonnen, dann aber begeistert. Doch das Positive gewinnt mehr und mehr die Oberhand. Von Euphorie zu sprechen, wäre verfrüht. Doch da entsteht etwas. Den Zweiflern zum Trotz. Das haben Deutschland und diese EM gemeinsam. Am Ende gibt es vielleicht eine gute Note mit Sternchen.

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