Golfer unter Ausschluss der Öffentlichkeit

von Redaktion

BMW Open ohne Zuschauer: Landratsamt verweigert größere Fan-Kapazitäten in Eichenried

Eichenried – König Fußball regiert in Deutschland. Und in München ganz besonders. Beispiel gefällig? Man nehme das Schicksal der BMW International Open. Die Golfer müssen in dieser Woche ohne Zuschauer auskommen. In der Arena in Fröttmaning hingegen tollen sich 14 000 Anhänger. Pilotprojekt nennt sich das bei den einen, die Karte Infektionsschutz sticht bei den anderen alles aus.

Exakt 12,5 Kilometer Luftlinie sind es nach Eichenried. Nach einem Jahr Pause dürfen die Golfer dort wieder ran. Weltstars wie der Spanier Sergio Garcia oder der Norweger Viktor Hovland sind dabei. Da gäbe es schon was zu sehen. Nur: Live am Platz wird diese Herren von Donnerstag bis Sonntag kaum jemand erleben. Pilgerten in den Vorjahren oft mehr als 60 000 Fans auf die Anlage, so hat die Politik nun einen Riegel vorgeschoben. 400 pro Tag – das ist das Maximum. Das reicht bei allen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Sponsoren nicht einmal, dass Tickets in den freien Verkauf gehen. Diese Gäste dürfen sich dann in geführten Gruppen über den Platz bewegen, sonst müssen sie sitzen, um sich nicht zu vermischen.

„Es ist extrem ärgerlich“, sagt Jörn Plinke, Projektleiter im Hause BMW für die International Open. „Was muss bei diesen Fallzahlen noch passieren, damit wir im Sport ein bisschen mehr Möglichkeiten bekommen?“ Im Hause des Hauptsponsors machte man es sich wahrlich nicht einfach. Seit Monaten laufen die Planungen. „Wir haben uns mit der Kalkulation für das Turnier an der EM orientiert.“ 14 000 Besucher in der Allianz-Arena – für den mehr als 90 Hektar großen Eichenrieder Golfplatz rechneten die Experten das auf 1500 herunter. Auf dieser Basis wurde ein Konzept erarbeitet. Immer im Wissen, dass politisch noch alles unklar war. „Wir haben bis zuletzt gewartet, bis Anfang Juni wieder Lockerungen verkündet wurden.“ Die Regeln der bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung kennen Plinke und Co.: 500 Zuschauer, feste Sitzplätze. Aber sie hofften auf einen Joker: eine Ausnahmegenehmigung. Die kann das zuständige Landratsamt erlassen.

Dreimal stellten die Verantwortlichen einen Antrag bei der Kreisverwaltung in Erding, reduzierten ihre Forderung und Hoffnungen immer weiter. Drei Vertreter des Gesundheitsamts kamen sogar zum Vor-Ort-Termin. Half alles nichts. „Die Gefahr ist zu groß, dass sich die Fans durchmischen, dass bei einem Positivfall 1500 Menschen in Quarantäne müssten“, erläutert Plinke die Gründe für die Absagen. Dagegen hält er das Konzept der Veranstalter: „Wir hätten die Leute sowieso nur nach der 3G-Regel aufs Gelände gelassen – mit Maskenpflicht.“ Auch ein letzter Versuch beim Innenministerium um Sport-Minister Joachim Herrmann (CSU) blieb erfolglos. Der verwies die Organisatoren zurück an Landrat Martin Bayerstorfer (CSU). „Zu dem sind wir aber nicht einmal persönlich durchgekommen, um ihm zu erläutern, welche Bedeutung das Turnier hat.“ In über 50 Nationen landen die TV-Bilder aus Eichenried.

Plinke bemängelt vor allem eines: „Wo ist die Verhältnismäßigkeit?“ Im Vergleich mit der EM, aber auch mit den Porsche European Open in Hamburg zuletzt. Dort durften 2000 Fans auf den Platz – wie bei der Fußball-EM in München als Test. „Aber uns hat man nur gesagt, dass das ein anderes Bundesland mit anderen Regeln ist und keine Basis für eine Ausnahme.“

Das Landratsamt verteidigt sein Vorgehen, betont, es habe mit der aktuellen Regelung bereits eine Ausnahme erteilt, „da grundsätzlich feste Sitzplätze vorgeschrieben“ seien, schreibt die Sprecherin.

Quasi als rechte Gerade mitten ins Gesicht eröffnet am Freitag in Erding die Therme wieder für ein breiteres Publikum. Golf aber bleibt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Fakt, der auch im bayerischen Verband auf Unverständnis stößt. „Hier wird der Stellenwert unserer Sportart leider erneut deutlich“, sagt Sprecher Tobias Hennecke. Er verweist auf die Münchener Isarauen, die Freibäder. „Dort ist es kein Problem, wenn zahllose Menschen aufeinandertreffen, aber auf dem Golfplatz.“ Im krassen Gegensatz dazu stehe die Fußball-EM. „Bei der wird alles dafür getan, so viele Leute wie nur möglich in ein Stadion zu lassen.“ CHRISTIAN FELLNER

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