KOMMENTAR

Unpolitisch? Schon längst nicht mehr

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Der Sport soll die Menschen zusammenbringen, nicht trennen. Deshalb ist es besser, wenn alle sich dem schönen Spiel und dem lauteren Wettkampf widmen und die Politik außen vorlassen. Sport soll unpolitisch sein, sich nicht vereinnahmen, nicht missbrauchen lassen. Schöner Gedanke.

Sportverbände wie die UEFA bestehen auf ihm, wenn es für ihr Empfinden heikel wird wie gerade im Fall zu erwartender Aktionen zum deutschen EM-Spiel gegen Ungarn. Nur: Unpolitisch kann der Sport nicht sein. Weil nämlich die großen Verbände das Gebot der Neutralität, das sie ihrem Bereich auferlegt haben, längst umgehen. Das beginnt damit, dass große Veranstaltungen auch dorthin vergeben werden, wo – und die Sportfunktionäre wissen das – Despoten den Glanz des Events für ihre Zwecke nutzen. Und das führt dann zu einer Szenerie, wie wir sie am Sonntag erlebt haben. Da fragt die UEFA nach, ob der DFB-Kapitän Manuel Neuer mit seiner Regenbogenbinde provozieren wolle – doch über Affenlaute und Nazi-Parolen beim Anhang des nächsten DFB-Gegners Ungarn hört man hinweg. Weil man auf Schmusekurs mit dem Präsidenten Viktor Orban ist, der sich als Sportveranstalter seinen Platz in Europa zurückerobern will, den er gesellschaftlich – zurecht – verloren hat.

Dass konkrete politische Streitigkeiten die sportlichen Themen nicht verdrängen sollen – einverstanden. Doch Regenbogen-Symbolik ist ein positives Einstehen für moderne und menschliche Werte. Und kein Affront. Wer es dennoch als solchen versteht, sollte eben seinen Wertekompass überprüfen.

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