Baku – Nach seiner Gala-Vorstellung richtete Xherdan Shaqiri den Blick völlig entspannt auf die Entwicklungen in den anderen Gruppen. Die quälende Wartezeit? Das Hoffen auf Schützenhilfe? Kein Problem, schließlich gebe es einen „schönen Pool“ im Teamquartier der Schweizer in Rom, und das Wetter solle dort ja auch „sehr gut“ sein, versicherte der Offensivstar. Am Montagabend stand bereits fest: Nach dem enttäuschenden EM-Start geht es im Achtelfinale weiter.
Dass Shaqiri ganz locker und lässig auf die kommenden Tage blickte, lag aber nicht zuletzt an seiner Glanzleistung beim wichtigen 3:1 (2:0) gegen die Türkei. Einmal mehr zeigte er es seinen Kritikern, einmal mehr avancierte er zum entscheidenden Mann in einer Situation, in der die Schweiz mit dem Rücken zur Wand stand. Das Weiterkommen als Gruppendritter war nach den Ergebnissen am Montag fix.
Es sei wichtig gewesen, „diese Reaktion zu zeigen“, meinte Shaqiri, der nach dem enttäuschenden Turnierauftakt heftig in der Alpenrepublik kritisiert worden war. Doch mit einem Kunstschuss aus der Distanz (26.) und dem eiskalten Abschluss zur Entscheidung (68.) stellte der 29-Jährige erneut seine große Bedeutung für die Eidgenossen unter Beweis.
Vom „Alpen-Messi“ schwärmte „The Guardian“, das Schweizer Boulevardblatt „Blick“ schrieb nach langer Zeit wieder einmal vom „Zauberzwerg“ – erstmals erfüllten Shaqiri und die gesamte Mannschaft die eigenen hohen Ansprüche bei diesem Turnier. Man müsse „immer an sich glauben“, meinte der Matchwinner über seine Leistungsexplosion.
Bei Beobachtern wurden Erinnerungen an vergangene Turniere wach, schließlich rettete Shaqiri die Schweiz nicht zum ersten Mal. Bei der WM 2014 etwa brauchte die Nati nach einer Klatsche gegen Frankreich einen Sieg. Und wer lieferte? Shaqiri mit drei Treffern. Oder im EM-Achtelfinale 2016, als er kurz vor dem Ende mit einem spektakulären Seitfallzieher den Ausgleich erzielte.
Und dennoch wird das Kraftpaket in der Heimat durchaus kritisch beäugt. Oftmals lautet der Vorwurf, Shaqiri schöpfe sein riesiges Potenzial nicht vollends aus.
Doch der frühere Bayern-Profi lässt sich nicht beirren. „Ich genieße jedes Spiel“, versicherte er. „Relativ cool“ sei er geblieben, „weil ich Erfahrung habe und genau wusste, was wir zu tun haben“. Nachdem Haris Seferovic (6.) die Führung erzielt hatte, feierte Shaqiri sein Zaubertor mit Zeigefinger auf den Lippen. Ein Gruß an die Kritiker. sid