TV-Kritik
Wir hören das öfter. Der Heinrich motzt ja nur. Ein Leser hat uns in einer Mail geschrieben: „Mecker-Mann macht’s möglich.“ Aber das stimmt gar nicht. Wir empfinden tiefe Zuneigung zu unseren Lieblingen aus dem Sportfernsehen, jedenfalls zu einigen, wie Almuth. Und deshalb gibt’s heute ausschließlich Lob, wenn auch teilweise vergiftet.
– Lob für Stefan Kuntz: Der U21-Guru vom DFB als Experte im Ersten? Da war man skeptisch. Der wird seinem Chef, dem Bierhoff, eh nur Honig ums Maul schmieren. Sonst droht Sibirien. Aber von wegen! Die Frage „Ist das Kuntz, oder kann der weg?“ lässt sich mittlerweile eindeutig beantworten. Der Bundeskuntz spricht Klartext. Letztens hat er sogar den Bierhoff kritisiert, der in einem Interview schon über die glorreiche Hansi-Zukunft schwadroniert hatte: „Man redet nicht jetzt über den Nachfolger, wenn Jogi noch im Amt ist.“ Könnte schon sein, dass Kuntz seine Zukunft eher nicht beim DFB sieht.
– Lob für Lea Wagner: Lea – nie gehört? Die neue ARD-Hoffnung berichtete zuletzt jugendfrisch, eloquent und gewitzt vom Spiel Ungarn – Frankreich aus Budapest: „Es ist nicht ganz so wild hier, aber trotzdem ziemlich crazy. Es gab Pyros und Feuerwerk. Was es nicht gab, waren Masken und Abstand.“ Die 26-Jährige ist die Tochter von Ex-Schalke-Trainer David Wagner. Soll noch jemand sagen, der Mann verstehe nichts von Nachwuchsarbeit.
– Lob für Almuth Schult: Die beste Expertin von allen hat dem berüchtigten Chancentod Robert Lewandowski nach einem Fehlschuss gegen Spanien erklärt, wie das geht mit dem Toreschießen: „Klar, schwacher linker Fuß. Aber vielleicht nicht einfach voll durchziehen auf den Torwart, sondern in die Ecke schieben!“ Nix kann er, der Pole! Aber er hat zugehört, und dann in der zweiten Halbzeit getroffen. Wenn’s mit Nagelsmann nicht hinhaut, Almuth steht bereit.
– Lob für KMH: Am Sonntag ist wieder klar geworden, dass Katrin Müller-Hohenstein die perfekte Sommer-Moderatorin ist. Wenn man ausgedörrt und sonnenbrandig heimkommt, hechelschwitz, mag man nicht mehr nachdenken müssen, wie bei Jochen Breyer. Da tut es gut, wenn die Katrin einfach nur „Juchhu“ macht. Wann hat man zum letzten Mal einen Menschen im Fernsehen so strahlen sehen wie KMH („Katrin mit Hurra“) nach dem Jogi-Juchhu-Sieg? Höchstens den Flori in seinen besten Zeiten mit der Helene. Aber der Vorteil von der Katrin ist, dass sie nicht singt. Juchhu!
– Lob für Claudia Neumann: Man kann manches gegen sie sagen. Aber man erfährt immer Neues, Findiges, Kreatives. Bei Italien – Wales hat sie den „ausgeprägten Torrichter“ der Spieler gelobt. Wer kennt ihn nicht, den Torrichter, der beim Fußball kaputte Tore richtet? Italien-Legende Tschortscho Kiälini hat nicht mitgespielt, „damit er seine Muskelverletzung ausgerieren kann“. Und der jüngst verstorbene Italo-Kicker Giampiero Boniperti war „Präsident der italienischen Mannschaft“. Der berühmte Mannschaftspräsident, einer der höchsten Posten im Weltfußball. Teilweise erreichen die Kommentare die philosophischen Höhen eines Dr. Stoiber: „Ramsey verlässt den Mut, vermesst der Mut, da vorne zum Abschließen.“ Das war fast so schön wie die gludernde Lot, äh, äh, die, äh, die lodernde Flut vom Edi. Langweilig wird’s nie mit Claudia Neustoiber. Ziemlich crazy. JÖRG HEINRICH