Herzogenaurach – Toni Kroos wusste: Grenzübertretung. Am Abend vor einem Spiel hat der Profi in Konzentration zu versinken und im Kopf den Matchplan durchzugehen. Er jedoch wollte von einer Gewohnheit nicht Abstand nehmen: „Am Montagabend um 21 Uhr zeichnen wir immer unseren Podcast auf. Das wollen wir auch während der EM durchziehen.“ In „Einfach Mal Luppen“ unterhält sich Real-Madrid-Profi und Nationalspieler Toni (31) mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Felix, der für Eintracht Braunschweig kickt. Während der EM haben die Kroos-Brothers die Frequenz ihrer Sendung sogar erhöht. Aufgenommen wird sogar „zwischen Abschlusstraining und Abendessen“ – so war es vor dem deutschen Auftaktspiel, das auf einen Dienstag fiel.
Die Spiele werden auch nachbesprochen. Toni erzählte von der Nacht nach dem 0:1 gegen Frankreich, der späten Rückkehr ins Basecamp nach Herzogenaurach, der Schwierigkeit, Schlaf zu finden – mit einem Schuss Selbstironie: „Ich war voller Adrenalin – auch wenn man mir das nicht ansieht.“ Er gilt als ewig gleichmütig und unerschütterlich. Er sagte in der Episode „Wenn’s abseits ist, ist’s abseits, ne?!?“, dass er die deutsche Leistung überhaupt nicht schlecht gesehen habe. In der Folge „Lymphdrainage und 75 Millionen Bundestrainer“ sah er sich bestätigt: „Ich wurde kritisiert für meine Einschätzung – doch wir haben nichts geändert.“ Felix kontert: „Ich fand dich schon im ersten Spiel schlecht.“ Die Frechheit darf in beide Richtungen laufen. Felix spricht öfter das Klischee vom „Querpass-Toni“ an, Toni spielt damit, dass seine Karriere die größere ist. Als er Kommentare von Felix zum Portugal-Spiel bei einem Online-Portal liest, tadelt er: „Wo hast du dich wieder rumgetrieben, du Mediensau? Du bist ein Murmel-Promi.“
Den Ball vom zweiten Spiel nahm Toni mit – für seinen Sohn Leon, der im Stadion war und nun ein Spielgerät „zu den weiteren 35 Bällen im Garten“ hat. Felix fragt trotzdem nach: „Den Ball nimmt man mit, wenn man drei Tore geschossen hat. . .“
Zur Partie gegen Ungarn hat Toni Kroos seiner Mutter ein Ticket besorgt. Sie hatte dieser Tage Geburtstag und darf daher in München auf die Tribüne. Den ersten Glückwunsch erhielt sie über den Podcast der Söhne, den sie regelmäßig hört. Felix: „Mudda, es ist schön, dass es dich gibt – denn ohne dich wird’s auch uns nicht geben.“ Und kein „Einfach Mal Luppen“. GÜNTER KLEIN