Und der Regenbogen wird doch leuchten

von Redaktion

Wie die Stadt München das UEFA-Verbot unterläuft – 11 000 Flaggen im Stadion?

München – Die deutschen Farben: schwarz, rot, gold. Die ungarischen: rot, weiß, grün. In ihnen darf die Münchner Arena am Mittwochabend erstrahlen, so sieht es das Protokoll der Europäischen Fußball-Union, der UEFA, vor. Und wenn nicht der Hausmeister des Stadions den Lichtregie-Raum kapert und die Software auf Regenbogen umprogrammiert, dann wird München ein normales, unauffälliges EM-Spiel Deutschland – Ungarn erleben. So stellt die UEFA sich das vor – doch es ist klar: So wird es nicht kommen.

Der symbolträchtige Regenbogen wird für die Rechte von Lesben, Schwulen, Transgendern und queeren Menschen leuchten – in München, in Deutschland. Als Mahnung gegen die minderheitenfeindliche Politik in Ungarn. Die UEFA hatte am Dienstagvormittag erklärt, sie könne gar nicht anders als den Antrag der Stadt auf die bunte Illuminierung abzulehnen: Man sei ja auch gegen jedwede Form von Diskriminierung – aber: „Angesichts des politischen Kontextes dieser speziellen Anfrage – eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen Parlaments abzielt – muss die UEFA diese Anfrage ablehnen.“ Doch die Gegenbewegung war ins Rollen geraten. Überall dort, wo die UEFA kein Hausrecht hat, muss sie sich auf Protest einstellen.

Münchens OB Dieter Reiter wird das Rathaus anstrahlen lassen, den Olympiaturm und das Windrad an der Fröttmaninger Arena. Radio Gong 96.3 will weitere Wahrzeichen der Stadt ins Licht des Regenbogens tauchen. Die städtische Tochter „Münchenstift“, die in ihren Einrichtungen auch ältere LGBT-Menschen unterbringt, wird ihre Häuser beflaggen. Die Polizei lässt in das Profilbild ihres Twitter-Kanals die Regenbogen-Farben einfließen.

Die Solidarisierung reicht weit über München hinaus. Als erster Bundesligist erklärte Eintracht Frankfurt, am Mittwochabend seine Arena im Rainbow-Stil zu illuminieren, der FC Augsburg zog nach. Auf change.org rauschte die Petition „Allianz Arena in Regenbogenfarben leuchten lassen – Ungarn ein Zeichen senden“ auf die 200 000-Unterstützer-Marke zu. Trotz Aussichtslosigkeit.

Gibt es einen anderen Weg, den Regenbogen in die Arena zu bringen? Die Organisation Christopher Street Day Deutschland – der DFB wird die Aktion unterstützen – will die 11 000 Besucher des Spiels mit Regenbogenfahnen ausstatten. Ziel: „Eine Kulisse, die sich auch durch die filigranste Bildregie nicht ausblenden lässt.“ Vorstand Henryk Hoefener: „Wir erhoffen uns Sichtbarkeit für die Missstände, die in Ungarn vorherrschen.“

Für OB Reiter ist klar, „dass sich die UEFA mit ihrer Entscheidung definitiv keinen Gefallen getan hat“. Er verstehe nicht, warum man Manuel Neuers bunte Kapitänsbinde als „guten Grund“ akzeptiere, nicht aber eine Beleuchtung des Stadions. Da gebe es wohl besondere Zusammenhänge. Stimmt: UEFA-Vizepräsident Sandor Csanyi ist ein Günstling von Staatschef Viktor Orban und Budapest potenzieller Ersatzausrichter des Finales, falls London seine Corona-Restriktionen nicht lockert. „In München“, sagt Dieter Reiter, „wird das Endspiel nicht stattfinden.“ GÜNTER KLEIN, MANUEL BONKE

Artikel 1 von 11