Erleichterte Italiener, stolze Österreicher

von Redaktion

Der Mitfavorit auf den EM-Titel muss leiden – Alaba nach vergeblichem Kraftakt: „Sehr bitter!“

VON PHILIPP KESSLER

London – Italien atmet auf. Vor lauter Erleichterung über den Einzug ins EM-Viertelfinale stimmte Kapitän Leonardo Bonucci nächtens im Teambus die Nationalhymne an, Trainer Roberto Mancini dagegen wirkte nach dem Wembley-Kraftakt gegen Österreich schnell wieder fokussiert. Während seine Spieler lange nach dem mühevollen 2:1 nach Verlängerung auch mit weiteren Liedern ihre Freude heraus sangen, schien der Coach bereits mit der Vorbereitung aufs Viertelfinale bei dieser Europameisterschaft beschäftigt.

„Wir haben gerade den Wolf getroffen, haben die Angst kennengelernt, viele Fehler gemacht und an einem gewissen Punkt Glück gehabt, dass wir noch am Leben sind“, schrieb die italienische Zeitung Corriere dello Sport am Sonntag über den hart erkämpften Erfolg gegen starke Österreicher. Das nächste Turnier-Kapitel der erstmals schwer geforderten Squadra Azzurra beginnt am Freitag in München. Im Viertelfinale trifft Mancinis Team nun auf den Weltranglistenersten Belgien, der am Sonntag nach einem harten Kampf Portugal mit 1:0 besiegte. Dann müssen sich die seit nun 31 Spielen unbesiegten Rekord-Italiener steigern. In einer starken ersten Halbzeit schienen sie ihren Sturmlauf durchs Turnier fortzusetzen, scheiterten aber an ihrer Chancenverwertung.

Nach der Pause zeigte der viermalige Weltmeister dann Nerven gegen forsche Österreicher. In der 65. Minute ging der Außenseiter sogar durch einen Kopfball von Marko Arnautovic in Führung. Österreich jubelte und Wembley stand Kopf – doch dann intervenierte der Video-Assistent, weil Arnautovic minimal im Abseits gestanden hatte. Erst in der Verlängerung sorgten die eingewechselten Federico Chiesa (95. Minute) und Matteo Pessina (105.) für Italiens Erlösung.

Nach dem Treffer zum 0:1 twitterte der offizielle Kanal des ÖFB wenig objektiv: „Einfach nur hässlich! Einfach nur bitter! Einfach unverdient!“ Fakt ist aber: So unverdient war es nicht. Denn die Italiener waren sowohl in den ersten 45 Minuten als auch in der ersten Hälfte der Verlängerung überlegen. Klar ist aber auch: Über die gesamten 120 Minuten bot Österreich dem Favoriten ordentlich Paroli.

„Wir mussten leiden“, gab Mancini später zu. Die Österreicher dagegen trauerten. Alleine und voller Enttäuschung hockte der langjährige Bayern-Profi David Alaba auf dem Wembley-Rasen und verarbeitete seinen Frust. Schon der erstmalige Einzug in die K.o.-Runde einer Europameisterschaft war für Alaba und die Alpenrepublik ein großer Erfolg, die Rückkehr nach München für das Viertelfinale wäre für den zu Real Madrid wechselnden Kapitän die persönliche Krönung gewesen. „Das ist sehr bitter. Wenn man sich das Spiel heute anschaut, das tut sehr weh“, sagte der Verteidiger.

Der späte Anschlusstreffer von Sasa Kalajdzic (114.) half nicht mehr. Immerhin konnte der Stuttgart-Stürmer mit seinem Kopfball die stolze Zu-Null-Serie der Italiener durchbrechen. Gegen Österreich kassierte die Squadra Azzura den ersten Gegentreffer nach 19 Stunden und 28 Minuten. Das Team von Trainer Franco Foda brachte die italienische Abwehr ein paar Mal ins Wanken.

Im Viertelfinale bekommen es die Mannen von Mancini aber wohl mit noch mehr Offensivpower zu tun. Da würde den Italienern Giorgio Chiellini, 36, in der Innenverteidigung gut tun. Er fehlte zuletzt wegen einer Oberschenkelverletzung.

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