Spielberg – Der Serienweltmeister der Formel 1 wackelt, Mercedes verliert plötzlich Rennen um Rennen. Und wer verstehen will, warum das so ist, der musste in Spielberg bloß zuhören, als die beiden Großen des Werksteams sprachen.
„Ich hätte gerne ein Upgrade, gebt mir ein Upgrade“, sagte Lewis Hamilton mit einem Lächeln auf den Lippen und einem ernsten Gedanken im Sinn: Ohne neue Teile an seinem Auto, so die Botschaft, werde er im WM-Duell mit Max Verstappen und Red Bull chancenlos bleiben. Doch quasi zeitgleich stellte sein Chef klar, dass es keine Upgrades geben wird.
„Ein Fahrer will immer mehr“, sagte Toto Wolff, „aber wir haben darüber gesprochen.“ Der Inhalt dieser Unterhaltung: Mercedes verwendet seine Ressourcen nicht mehr auf die Entwicklung des aktuellen Autos, sondern konzentriert sich auf den Boliden für das kommende Jahr – „mit allen Konsequenzen, die das für 2021 haben kann“, wie Wolff klarstellt.
Und dafür hat man bei Mercedes einen guten Grund. 2022 wird das neue Reglement eingeführt, außer dem Motor wird dann alles anders, komplett neue Rennwagen müssen entworfen werden. Und da in Zeiten des Budgetdeckels nicht unbegrenzt entwickelt werden kann, gilt die Formel: Was für dieses Jahr an Zeit und Geld aufgewendet wird, fehlt in der Vorbereitung auf das kommende. Und mehr noch.
„Die neuen Regeln gelten ja nicht nur für 2022 sondern auch für die Jahre danach“, sagt Wolff. Wer jetzt also die Grundlagenarbeit versäumt, könnte jahrelang hinterherlaufen. Die Entscheidung wirkt also logisch, ist allerdings problematisch – weil Red Bull noch immer auf Hochtouren für die aktuelle Saison entwickelt.
„Wir verbessern das Auto vor fast jedem Rennen“, sagte WM-Spitzenreiter Verstappen. Warum? „Weil wir in dieser Saison gute Chancen auf den Titel haben.“ 18 Punkte beträgt sein Abstand auf den Weltmeister bereits, die vergangenen vier Rennen hat Red Bull gewonnen.
Seit 2013 hat das Team keinen Titel mehr geholt, und wie die Kräfteverhältnisse 2022 aussehen, kann niemand verlässlich voraussagen. Die große Chance in diesem Jahr nicht entschlossen zu jagen, wäre daher fahrlässig. Bei Mercedes geht man das nach sieben Titeln in Serie entspannter und pragmatisch an. Zwar stellt Wolff klar: „Wir schenken die WM nicht ab!“ Auch aufwändig entwickelte Aerodynamik-Updates, so der Österreicher, würden die bereits entstandene Lücke auf Red Bull aber nicht verlässlich schließen. sid