„Der Abschied aus München fällt mir nicht leicht“

von Redaktion

Eishockey-Jungstar John Peterka über eine verrückte Saison, das Debüt im Nationalteam und den Wechsel in die NHL

München – Er ist Münchens Eishockey-Juwel: John-Jason „JayJay“ Peterka. Mit 19 spielte der Außenstürmer seine erste A-Weltmeisterschaft, bei der er mit Deutschland ins Halbfinale vorstieß. Nun folgt plangemäß der nächste Schritt: der Wechsel in die nordamerikanische Profiliga NHL.

John-Jason, Sie haben bei den Buffalo Sabres unterschrieben, es gibt ein Foto davon, das Sie im Outfit Ihres künftigen Clubs zeigt. In die USA geflogen sind Sie für den Vertragsabschluss aber nicht in Corona-Zeiten?

Den Vertrag habe ich per Mail bekommen, wir haben ihn ausgedruckt, ich habe ihn in München unterschrieben, meine Eltern haben das fotografiert. Das Trikot, das ich trage, haben mir die Sabres schon letztes Jahr geschickt. Es ist übrigens relativ häufig so, dass man den Vertrag zu Hause unterschreibt.

Sie wurden von Buffalo im Herbst 2020 zu Beginn der zweiten Runde gedraftet. Sie hatten also einige Zeit, sich mit Stadt und Club zu beschäftigen. Was haben Sie herausgefunden?

Ich habe mit ein paar Jungs von dort gesprochen und geschrieben und gehört, dass Buffalo eine supertolle Fanbase hat. Bei den Sabres im Eishockey und den Bills im American Football. Da kann man sich schon mal drauf freuen. Und Buffalo hat die besten Chicken Wings weit und breit.

Bei der WM spielten Sie in der Nationalmannschaft mit Tobi Rieder, der 2020/21 bei den Sabres unter Vertrag stand. Was hat er erzählt?

Nur Gutes, Dass alle in der Organisation nett sind und sich um mich kümmern werden.

Haben Sie sich den Sabres aus der Ferne schon zugehörig gefühlt? Und mitgelitten? Das Team hatte eine Serie von 18 Niederlagen. . .

Ich war schon ein kleiner Fan, habe in der Früh immer geschaut, wie sie nachts gespielt haben. Oder ein Spiel auch im Stream angesehen, wenn es bei mir zeitlich ging. Und ich wollte schon, dass die auch mal wieder gewinnen.

Die Sabres sind ein Team in Rebuild, im Wiederaufbau. Was ist für einen jungen Spieler wie Sie besser? Jetzt reinzukommen, wo wenig funktioniert und sich alles neu sortiert – oder in Ruhe hineinzuwachsen in eine gefestigte Struktur?

Beides hat seine Vorteile. Ich denke, wenn man als junger Spieler in einen Rebuild rutscht und man einer derjenigen ist, um die herum etwas aufgebaut wird und man sich von Jahr zu Jahr steigert, hat das seinen Reiz.

Der gleichaltrige Tim Stützle hatte diese Situation bei den Ottawa Senators. Auch ein Rebuild-Team.

Das perfekte Beispiel. Tim hat Verantwortung bekommen, mit viel Eiszeit, auch im Powerplay, das war super für ihn. Er hat vorgemacht, wie es geht.

Hat Buffalo erläutert, welche Pläne man mit Ihnen hat?

Sie wollen, dass ich Teil des Rebuild werde. Für nächste Saison haben sie aber noch nichts gesagt. Ob ich schon NHL spiele, hängt vom Camp ab und davon, welche Spieler sie sonst noch holen. Mitte August gehe ich rüber.

Sie haben eine Irrsinnssaison hinter sich. Sie spielten für zwei Clubs, Salzburg und München, waren bei den beiden größten Turnieren, U 20-WM in Edmonton und A-WM in Riga, Sie erlebten Spiele mit und ohne Zuschauer. Da wird einiges für immer im Gedächtnis bleiben.

Ja, eine ganz verrückte Saison, in der ich persönlich mich aber weiterentwickelt habe. Im Corona-Sommer trainierte ich in Salzburg, die Entscheidung, dass ich dort spiele, wurde kurzfristig getroffen. Vom Timing her hat alles super gepasst: Zum DEL-Saisonstart bin ich nach München zurück.

Zwei Jahre haben Sie für den EHC in Ihrer Geburtsstadt München gespielt. Die erste lief gut für Sie, mit 17 wurden Sie gleich Stammspieler, doch wegen der Pandemie fielen die Playoffs aus. In der zweiten Saison fehlten dann die Zuschauer, und im Viertelfinale war gleich Schluss.

Ich hätte gerne die Deutsche Meisterschaft gewonnen, der Abschied fällt mir nicht leicht – aber die Vorfreude auf Buffalo überwiegt.

Von wem in München konnten Sie am meisten mitnehmen?

Im ersten Jahr von Kony Abeltshauser, der mich super ins Team eingeführt hat, im zweiten von Derek Roy, der in meiner ersten Saison leider verletzt war. Aber es haben sich alle um mich gekümmert.

Werden Sie den Draht zu München halten? So wie Dominik Kahun, der NHL spielt und im Sommer beim EHC mittrainiert?

Diesen Sommer gehe ich in die Akademie nach Salzburg, weil die durchgehend Eis hat. Wenn in München die neue Halle fertig sein wird in ein paar Jahren, hoffe ich, dass ich dort trainieren kann.

Bei der WM in Lettland mussten Sie bis zum fünften Turnierspiel auf Ihren ersten Einsatz warten. Nervig?

Mir wurde gesagt, dass ich die Chance bekomme. Daher habe ich im Training das Beste gegeben.

Im wichtigen Spiel um den Einzug ins Viertelfinale gegen WM-Gastgeber Lettland haben Sie das 1:0 geschossen. Schönes Tor. Manche sagten aber: Haltbar.

Alles ist haltbar.

Nächste Station Olympia im kommenden Februar in Peking, mit der ganzen NHL am Start?

Es ist ein riesiges Ziel. Ich will mich empfehlen.

Noch eine Frage vom Sport weg: Sie hatten ein ungewöhnliches Schulmodell, waren in Hamburg am Gymnasium eingeschrieben und haben hier online gelernt. Haben Sie Ihr Abitur noch rechtzeitig vor dem Wechsel nach Amerika gebaut?

Ich bin noch nicht ganz fertig. Der letzte Teil der Saison war mit drei, vier Spielen pro Woche stressig Um zu regenerieren, musste ich mit Lernen kürzer treten. Aber ich bin dran. Wenn ich mich bereit fühle, melde ich die Prüfung an und fahre nach Hamburg. In Bayern gibt es solch ein Schulmodell nicht, meine Mutter hat viel recherchiert, bis sie es gefunden hat.

Interview: Günter Klein

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