Es droht ein „böses Erwachen“

von Redaktion

Das frühe EM-Aus der deutschen Mannschaft ist auch schlecht für die Bundesliga

Frankfurt/Main – Nun auch das noch. Als ob die kriselnde Fußball-Bundesliga vor dem Start in die neue Saison nicht schon mit genügend Problemen zu kämpfen hätte, sorgt das frühe EM-Aus der Nationalmannschaft zusätzlich für schlechte Stimmung bei den Clubchefs. Die Träume der Bosse, die sich von einer erfolgreichen EM des Aushängeschilds neuen Glanz für die ramponierte Liga erhofft hatten, sind geplatzt.

Die angespannte Lage der Eliteklasse bringt Vorstandsprecher Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt auf den Punkt. „Ich sehe die Gefahr, dass der Liga ein böses Erwachen droht“, sagte 49-Jährige in der „Sport Bild“ mit Blick auf die neue Spielzeit (ab Mitte August): „Wir müssen wachsam sein, dass die Bundesliga ein absolutes Premiumprodukt bleibt.“

Wenn es nach Gareth Southgate geht, ist der Zug sogar schon abgefahren. Als Begründung für seinen weitgehenden Verzicht auf Bundesliga-Star Jadon Sancho von Borussia Dortmund während der bisherigen EM führte Englands Nationaltrainer an, dass das Niveau in der Premier League einfach höher sei als das in Deutschland.

Widersprechen kann da kaum jemand. Schließlich suchte der Fan deutsche Clubs vergeblich in den Halbfinals der vergangenen Europacup-Saison – während drei der vier Finalisten in der Champions League und der Europa League aus England kamen. Das schwache internationale Abschneiden der Bundesliga ist allerdings nur die Spitze Eisbergs. Die Probleme liegen tiefer und sind mannigfaltig. Dabei geht es nicht nur um die Finanzkrise als Folge der Corona-Pandemie und der Misswirtschaft. Es geht um die grundsätzliche Attraktivität der Liga, die seit neun Jahren nur einen Meister kennt und deren Zugpferde sich nach und nach verabschieden.

Durch den Niedergang der Traditionsvereine wird die Eliteklasse von „grauen Mäusen“ bevölkert. Während sich Schalke 04, der Hamburger SV, Werder Bremen oder der 1. FC Nürnberg in der 2. Liga tummeln, elektrisieren Partien des ersten Bundesliga-Spieltags wie die zwischen dem VfL Wolfsburg und dem VfL Bochum oder dem FC Augsburg und Hoffenheim nicht gerade die Massen.

„Wenn man sich die Attraktivität der Bundesliga in der neuen Saison anguckt, muss man mit großen Sorgen in die Zukunft blicken“, mahnte Hellmann: „Wir alle haben den Auftrag, die Attraktivität der Bundesliga nicht in einer Spirale nach unten laufen zu lassen.“

Die „Verzwergung“ ist vor allem mit Blick auf die Vermarktung und die TV-Einnahmen ein Problem – national wie international. Laut Hellmann stehen international nur noch 160 Millionen Euro in Aussicht. Vor Corona waren es noch 270 Millionen, ein Vergleich mit der Premier League (über 1,6 Milliarden) verbietet sich fast. Auch national gibt es nur noch 1,1 statt 1,2 Milliarden pro Spielzeit.

Damit nicht genug der Schwierigkeiten. Die Frage nach dem Umgang mit der 50+1-Regel sowie den Ausnahmen für Bayer Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim, die am 14. Juli bei einer Versammlung der Clubs erörtert wird, birgt immense Sprengkraft.

Wer all diese Probleme lösen soll, ist völlig offen. Denn die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist nach wie vor mit der Suche nach einem Nachfolger für Geschäftsführer Christian Seifert beschäftigt – und der hat seinen Fuß schon fast aus der Tür.  sid

Artikel 1 von 11