Silber gewinnen, Sportart wechseln

von Redaktion

Die Geschichten hinter drei deutschen Medaillen – Bestätigte WM-Titel

Tokio – Es kann nicht jeden Tag Gold sein, nach einem Dienstag mit den Olympiasiegen von Slalomkanutin Ricarda Funk und der Dressur-Equipe und dem Mittwoch, der mit einem Einzelgold (und Silber) abermals im Zeichen der Reiterinnen stand, gab es am Donnerstag für das deutsche Team eine Silber- und zwei Bronzemedaillen. Aber schön gestreut: im Rudern, im Frauen-Canadier auf dem Wildwasserkurs von Kasai und im Judo.

Leichtgewichts-Doppelzweier: Eine der Bootsklassen beim Rudern, die wenig Beachtung findet. Jonathan Rommelmann und Jason Osborne aus Krefeld und Mainz fehlte nicht viel zu Gold, das an den irischen Zweier (O’Donovan/McCarthy) ging. „Die hatten ganz schön mit uns zu kämpfen“, sagte Rommelmann. Lange lag das deutsche Duo vorne, die letzten 300 Meter waren aber nicht optimal. Platz zwei mit 0,86 Sekunden Rückstand. Doch die hoch eingeschätzten Italiener ließen Rommelmann („Wir haben viele Boote im Griff gehabt“) und Osborne hinter sich.

Es war die wohl letzte große Fahrt der beiden Deutschen. Denn Jason Osborne kündigte an: „Für mich gibt es erst mal eine andere Challenge.“ Der 27-Jährige will als Profi in den Radsport wechseln. „Ich will gucken, was geht. Gespräche mit einem Rennstall laufen.“ Der leichte Zweier sollte 2024 ursprünglich aus dem olympischen Programm fallen, darf nun aber doch bleiben. Doch Osborne, für den das Radfahren zentrales Trainingselement ist, träumt davon, in drei Jahren in Paris auf dem Rad anzutreten.

Andrea Herzog, Slalomkanutin: Der Canadier-Einer ist neu im Programm, dafür musste der Zweier-Canadier der Männer weichen. Die Leipzigerin Andrea Herzog ist erst 21, somit die Jüngste im deutschen Kanuslalom-Team, aber in der Szene schon eine feste Größe. 2019 war sie Weltmeisterin geworden und hatte sogar Jessica Fox beeindruckt, die beste Slalomkanutin; die Australierin brilliert in beiden Booten, Kajak und Canadier. Nun holte Fox sich souverän das noch fehlende Gold, Herzog wurde trotz eines Torfehlers Dritte. Inspiriert wurde sie von Teamkollegin Ricarda Funk, die zwei Tage zuvor Olympiasiegerin geworden war – am Abend vor Herzogs Rennen gab es ein gemeinsames Abendessen.

Andrea Herzog beeindruckte mit ihrer Abgebrühtheit auf dem Wildwasser-Kurs. Die Sportsoldatin betrachtet ihre ersten Olympischen Spiele als Zwischenstation für Größeres: „Es war ja – in Anführungszeichen – nur die Bronzemedaille. Es ist noch Luft nach oben.“

Anna-Maria Wagner: Erst vor eineinhalb Monaten waren die Weltmeisterschaften im Judo – und da gewann Anna-Maria Wagner in der Klasse bis 78 Kilo den Titel. Es war ein Coup außer der Reihe, die 25-Jährige sah die Bronzemedaille nun bei Olympia als Bestätigung: „Natürlich wäre ich gerne für Gold gekommen. Aber diese Bronze-Medaille bedeutet mir sehr viel.“ Hartmut Paulat, Sportdirektor des Deutschen Judo-Bundes, sieht Wagner in der „absoluten Weltspitze angekommen“.

Die Ravensburgerin war ergriffen, weil sie Erfolg „im Judo-Land schlechthin“ hatte und ihr – ausgenommen das Halbfinale gegen die spätere Olympiasiegerin Shori Hamada aus Japan – ein gutes Turnier gelang. Nach Siegen über die Portugiesin Patricia Sampaio und die bereits mit mehreren WM- und Olympia-Medaillen dekorierte Mayra Aguiar aus Brasilien kassierte Wagner gegen Hamada eine schmerzhafte Niederlage. Die Japanerin verpasste der Deutschen einen Hebelgriff und beendete ihren Gold-Traum, womit diese in der kurzen Pause vor dem kleinen Finale erst mal „klarkommen“ musste. Fest entschlossen kehrte sie dann aber zurück auf die Matte. „Meine Medaille“ rief sie sich auf dem Weg dorthin selbst zu – und holte sie sich durch Waza-ari gegen Kaliema Antomarchi aus Kuba.

„Durch den WM-Erfolg ist bei ihr endgültig der Knoten geplatzt“, sagt Sportdirektor Paulat. Technisch sei sie immer schon stark gewesen, „gerade im letzten Jahr hat sie sich aber auch physisch noch mal enorm verbessert“. Und mental. Wagner: „Ich bin vom Kopf her relativ cool hergefahren.“  gük

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