Tokio 2020

Denkwürdige Spiele der Athleten

von Redaktion

ARMIN GIBIS

Vor zwei Wochen noch schien es fast ein kleines Wunder zu sein, dass diese Olympischen Spiele von Tokio überhaupt eröffnet wurden. Sie waren umstritten wie keine der 31 seit 1896 vor ihnen. Tokio 2020 wurde vor dem Hintergrund der Pandemie für undurchführbar erklärt, ja für moralisch nahezu verwerflich. Die großen berechtigten Fragen lauteten: Wie soll ein von einer Pandemie bedrohtes globales Sportfest funktionieren, für das keine Zuschauer erlaubt, dafür umso mehr Verbote und Verhaltensregeln vorgesehen sind? Machen Geister- bzw. Corona-Spiele überhaupt Sinn?

Im Vorhinein war also klar, dass es hochkomplizierte Rahmenbedingungen geben würde. Von unbeschwertem Wettstreit konnte keine Rede sein. Doch als dann die olympische Bühne für ihre Hauptdarsteller, die Athleten, freigegeben wurde, zeichnete sich von Tag zu Tag immer stärker ab, dass der Sport auch im Corona-Jahr 2021 in der Lage ist, seine spezielle Kraft zu entfalten. Es waren sicher keine Spiele zweiter oder dritter Klasse, sondern die Teilnehmer erfüllten sie mit Gefühlen, Ehrgeiz und auch mit einer Menge olympischem Geist. Man erinnere sich nur an den Tennisprofi Alexander Zverev, der bis Tokio mit einem Imageproblem zu kämpfen hatte. Doch dann verliebte er sich geradezu in Olympia, der von vielen als unnahbar empfundene Star verwandelte sich in einen nationalen Helden. Zverevs in Tokio explodierte Leidenschaft ist nur ein Beispiel von vielen.

Zugleich schafften es Japans Organisatoren, sich in Richtung der längst noch nicht erreichten Normalität zurück zu tasten. Es wurden dabei verantwortungsvolle, der immer noch kritischen Gesamtsituation angemessene Zeichen gesetzt. Anders als noch bei der Fußball-EM, bei der Covid-19 oft verdrängt wurde und die Fanmassen ihren Begeisterungsrausch austoben durften.

Natürlich lief im Sicherheitskonzept nicht alles reibungslos, es gab Corona-Fälle im Sportlerlager, und für die Zuschauer auf den Rängen gibt es eben keinen Ersatz. Klar ist auch, dass es schon spektakulärere, schönere Events im Zeichen der fünf Ringe gegeben hat. Doch Tokio 2020 demonstrierte auf ermutigende Weise, dass es auch in schwierigen Zeiten möglich ist, akzeptable Auswege und Alternativen zu finden. Es waren insofern ganz besondere Spiele – und in jedem Fall denkwürdige.

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